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„Motorsport ist mehr als nur Gas geben, lenken, bremsen“ – Interview mit Christoph Hilmes – Motorsportler mit Mukoviszidose.

Christoph Hilmes (27) hat Mukoviszidose – und ist Motorsportler. Zurzeit fährt er zusammen mit seinem Teamkollegen Maximilian Plum beim ADAC Opel Rallye Cup mit. Wir haben ihn gefragt, wie er das alles unter einen Hut bringt.

Der an Mukoviszidose erkrankte Rennfahrer Christoph Hilmes sitzt am 03.05.2017 in Hilter-Uphöfen am Steuer seiner "Rennpommes", einem speziellen Rallye Opel Adam. Foto: David Ebener

Der an Mukoviszidose erkrankte Rennfahrer Christoph Hilmes sitzt am 03.05.2017 in Hilter-Uphöfen am Steuer seiner „Rennpommes“, einem speziellen Rallye Opel Adam. Foto: David Ebener

Wie bist du zum Motorsport gekommen?

Das hat angefangen mit einer Ferienspaßaktion, als ich so sieben oder acht Jahre alt war. Da konnte Kart gefahren werden und dabei habe ich mich dann wohl nicht so doof angestellt, so dass sie mich gefragt haben, ob ich nicht mal bei einem Training mitmachen möchte. Und dann bin ich eine ganze Weile Kart gefahren.

Mir war dann ziemlich schnell klar, dass ich irgendwann in den Autosport einsteigen möchte, aber nicht Formel-mäßig auf der Rennstrecke, sondern es ging immer in Richtung Bergstrecken und Rallyes. Nur damit kann man erst anfangen, wenn man 18 ist. Aber vorher waren auch die finanziellen Mittel gar nicht da.

 Was genau ist der ADAC Opel Rallye Cup eigentlich?

Der ADAC Open Rallye Cup ist eine Nachwuchsförderung, die von Opel ins Leben gerufen wurde. Dafür suchen sie sich junge Talente heraus, die dort mitfahren können. Im Cup fahren wir alle mit dem gleichen Auto, gleiche Leistung, gleiches Fahrwerk, gleiches Getriebe. Es geht also wirklich darum, wer der bessere Fahrer ist. Am Ende des Jahres wird von den besten drei Fahrern einer ausgesucht, der ins Opel Werksteam kommt. Der fährt im nächsten Jahr dann auch bei der Europameisterschaft mit. Das ist schon ein ziemlich großes Sprungbrett, was man da erreichen kann.

Und wie läuft es für Euch?

Die ersten Rennen liefen eigentlich sogar ziemlich gut. Wir haben uns nämlich erst Ende Februar dazu entschlossen, doch noch einzusteigen. Wir haben erst zweieinhalb Wochen vor der ersten Rallye das Auto bekommen. Auf der ersten Veranstaltung saß ich das erste Mal im Auto und hab da auch erst meinen Beifahrer richtig kennengelernt. Wir konnten dann bei der ersten Rallye direkt unter die ersten Zehn fahren, was für Neueinsteiger ziemlich gut ist. Wir waren damit drittbester Neueinsteiger. Und von den 26 Teams sind 15 bereits zum zweiten Mal dabei. Die kennen das Auto viel besser und haben viel mehr Erfahrung als wir.

Und seitdem?

Durchwachsen. Es haben bislang vier Rallyes stattgefunden, der Hauptteil kommt erst jetzt. Von den vier Veranstaltungen sind wir nur zweimal ins Ziel gekommen. In Sachsen sind wir siebter geworden. Einmal hatten wir einen technischen Ausfall, da konnten wir nicht weiterfahren. Und einmal gab es einen kleinen Fahrfehler von mir, bei dem wir die Vorderräder in einem kleinen Erdloch abgestellt haben. Da kamen wir dann nicht mehr raus.

Christoph Hilmes konzentriert in seinem Rallye-Auto. Foto: David Ebener

Christoph Hilmes konzentriert in seinem Rallye-Auto. Foto: David Ebener

Wie viele Rennen stehen noch aus?

Es kommen noch fünf Rennen. Die nächste Rallye findet vom 17. bis 20. August in der Nähe von Trier statt. Und das ist gleichzeitig auch der WM-Lauf. Das ist eine andere Hausnummer, denn sonst fahren wir im Rahmen der Deutschen Meisterschaft und das ist ein echter World Rallye Championship Lauf, die wird sogar auf Eurosport übertragen. Da sind dann auch die ganzen Werksteams dabei.

 Du bist beruflich und durch den Motorsport viel unterwegs. Wie bringst du das mit deiner Krankheit unter einen Hut?

Ich habe einen sehr sozialen Arbeitgeber. Ich bin pseudomonas-positiv und muss alle drei Monate eine IV-Therapie[1] machen. Und dadurch, dass ich im Außendienst arbeite und viel von unterwegs mache, arbeite ich einfach aus dem Krankenhaus aus weiter. Da entstehen dann nicht diese riesigen Fehlzeiten. Und so funktioniert das eigentlich ganz gut.

Mukoviszidose und Motorsport – passt das gut zusammen?

Gerade jetzt im professionellen Bereich passt das gut zusammen. Denn man muss sich einfach fit halten, damit man die Rennen überhaupt durchhält. Viele sagen zwar: ‚Die sitzen ja nur im Auto, bisschen lenken, bisschen Gas geben, bisschen bremsen‘. Das stimmt vielleicht auch, aber ich kann jedem nur empfehlen, sich mal für eine Stunde in ein Kart zu setzen und eine Stunde zu fahren. Da merkt man dann, wie anstrengend das ist. Und wir fahren nicht eine Stunde, sondern zwei, drei oder mehr Tage und mehr als zehn Stunden am Tag.

Dazu kommt der mentale Stress und bei 35 Grad Außentemperatur sitzen wir in einem Auto ohne Klimaanlage, bei dem man das Fenster nicht aufmachen darf, mit feuerfester langer Unterwäsche, einem Rennanzug und Helm. Da wird einem relativ schnell relativ warm. Im Innenraum können es 60 Grad werden.

Das heißt, du hältst Dich auch abseits vom Motorsport fit?

Ja, das muss ich. Ich gehe zweimal die Woche zur Physiotherapie. Eine Mischung aus autogener Drainage und Osteopathie. Und an den Tagen, an denen ich nicht dahin gehe, gehe ich zum Sport, ins Fitnessstudio oder laufe. Ich mache aber nur Kraft-/Ausdauertraining, also ich pumpe nicht, sondern mache viele Wiederholungen mit wenig Gewicht. Das trainiert dann auch die Lunge wieder mit.

Was sind deine Ziele für die nächsten Jahre?

Das ist eine gute Frage. Also dieses Jahr habe ich auf jeden Fall das Ziel, in der Rallye unter die Top Ten zu kommen und so eine Basis zu haben, um nächstes Jahr weiterzufahren. Denn eine Saison reicht nicht, um erfolgreich zu sein. Dafür ist das Niveau viel zu hoch.

Wir wünschen Dir viel Erfolg dabei, Dein Ziel zu erreichen.

Das Interview führte Juliane Tiedt.

Informationen zum Opel Rallye Cup

Information zu HL-Motorsport

[1] Intravenöse Antibiotikatherapie

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Zuletzt aktualisiert: 02.01.2024
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