Leitlinien

Mukoviszidose-Leitlinien in Deutschland

Leitlinien sind Empfehlungen zur Feststellung und Behandlung einer Erkrankung. Sie fußen auf aktuellen medizinischen Erkenntnissen. Medizinische Experten und ihre Fachgesellschaften entwickeln die Empfehlungen. Im Entstehungsprozess soll eine möglichst große Neutralität (z.B. von der pharmazeutischen Industrie) gewahrt werden und die sachliche Abwägung der Fakten im Vordergrund stehen. Das Mukoviszidose Institut unterstützt die Entwicklung von medizinisch-wissenschaftlichen Leitlinien zum Thema Mukoviszidose.


Empfehlungen für Ärzte und Information für Menschen mit Mukoviszidose

Leitlinien dienen Ärzten und anderen Behandlergruppen als Orientierung. Aber auch Menschen mit Mukoviszidose können sich durch die Leitlinien über Behandlungs- und Diagnosemöglichkeiten informieren. Das Mukoviszidose Institut stellt die Beteiligung von Menschen mit Mukoviszidose und deren Angehörigen in der Leitlinienerstellung sicher. Darüber hinaus setzt es sich für die Entwicklung laienverständlicher Versionen der Leitlinien ein.

Leitlinien als Teil im Gesamtkonzept zur Qualitätsverbesserung

Damit die Leitlinienempfehlungen auch wirklich angewendet werden können, sorgt das MI für eine flächendeckende Information aller Behandlergruppen im Bereich der Mukoviszidose. So werden alle neuen Leitlinien stets an die Mukoviszidose-Einrichtungen versandt und auf der Deutschen Mukoviszidose-Tagung vorgestellt. Außerdem fragt auch das Zertifizierungsverfahren die Anwendung der Leitlinienempfehlungen ab. Eine Zusammenstellung aller aktuellen Leitlinien stellt das MI auf dieser Website zur Verfügung.

Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch Institut (KRINKO)

Die Einhaltung der Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch Institut (KRINKO) ist nach §23 Infektionsschutzgesetz für bestimmte Einrichtungen (z.B. Krankenhäuser) vorgeschrieben. Ziel ist es, die Ansteckung und Weiterverbreitung von Krankheitserregern einzudämmen.

Übersetzung der 30 Empfehlungen zur Modulator-Therapie

aus: Standards of Care for variant specific therapy (including modulators)

Empfehlungen (VST=Varianten-spezifische Therapie, hier = Modulator-Therapie; MmCF=Menschen mit Mukoviszidose; Elexacaftor-Tezacaftor-Ivacaftor=Kaftrio; Lumacaftor-Ivacaftor=Orkambi; Ivacaftor=Kalydeco; Tezacaftor/Ivacaftor=Symkevi):

  1. Bei Personen mit klinischen Merkmalen, die auf Mukoviszidose hindeuten, gelten diejenigen Varianten des CFTR-Gens als krankheitsverursachend, die von einem etablierten und validierten Programm als "cf-causing (Mukoviszidose-verursachend)" oder "with varying clinical consequences (mit unterschiedlichen klinischen Folgen)" charakterisiert wurden (z. B. CFTR2 oder CFTR-France).
  2. Bei Personen, die für den Einsatz von CFTR-Modulatoren in Frage kommen, sollten molekulardiagnostische Tests des CFTR-Gens durchgeführt werden, die zumindest die häufigsten Varianten umfassen, die in ihrer Herkunftsbevölkerung als CF-verursachend bekannt sind. Weitere Analysen können exonische Regionen, Intron-Exon-Übergänge und das Vorhandensein von Kopienzahlvarianten umfassen, falls der Genotyp nach den ersten molekularen Tests unvollständig ist.
  3. CFTR-Genvarianten sollten bei fehlenden epidemiologischen oder labortechnischen Nachweisen als klinisch unbedeutend angesehen werden. Diese Varianten sollten einer weiteren Bewertung unterzogen werden, um ihren pathogenen oder gutartigen Status und ihre potenzielle Ansprechbarkeit auf VST zu bestimmen.
  4. MmCF im Alter von sechs Jahren und älter mit einer oder zwei F508del-Varianten sollten täglich mit einer Tripel-Modulator-Therapie (Elexacaftor-Tezacaftor-Ivacaftor) behandelt werden.
  5. Menschen mit Mukoviszidose und mindestens einer nicht-F508del-Variante,  die in Laborversuchen auf die Therapie angesprochen hat, sollten für eine Mono- (Ivacaftor), Dual- (Tezacaftor-Ivacaftor) oder Tripel-CFTR-Modulator-Therapie (Elexacaftor-Tezacaftor-Ivacaftor) in Betracht gezogen werden.
  6. Kindern mit Mukoviszidose und einer geeigneten CFTR-Genvariante sollte eine Behandlung mit Ivacaftor ab einem Alter von 4 Monaten angeboten werden.
  7. Kindern mit Mukoviszidose, die homozygot für die F508del-Variante sind, sollte im Alter von 2-5 Jahren eine Behandlung mit einer dualen Modulatortherapie (Lumacaftor-Ivacaftor) angeboten werden.
  8. Eltern/Betreuer von Vorschulkindern mit Mukoviszidose sollten sich vor Beginn der Behandlung über die Wirksamkeitsdaten und das Sicherheitsprofil von VST im Klaren sein.
  9. Vor Beginn der Behandlung sollten MmCF und ihre Familien ein ausführliches Gespräch mit dem Mukoviszidose-Team führen, in dem die Auswirkungen einer Therapie mit CFTR-Modulatoren dargelegt und durch schriftliche Informationen untermauert werden.
  10. Vor Beginn einer CFTR-Modulator-Therapie sollte eine detaillierte Medikamentenliste erstellt und mit den Verschreibungsinformationen über mögliche Wechselwirkungen abgeglichen werden.
  11. Die Patienten sollten nach Beginn der CFTR-Modulator-Therapie mindestens alle 3 Monate nachuntersucht werden, um den Fortschritt zu überwachen und auf Nebenwirkungen zu kontrollieren.
  12. CF-Teams sollten die Einhaltung der CFTR-Modulator-Therapie überwachen, z. B. anhand von Apothekenabgabedaten.
  13. Vor dem Beginn und nach der Etablierung einer VST müssen MmCF in Zusammenarbeit mit dem Physiotherapie-Team möglicherweise ihre Atemphysiotherapie und die Behandlung der Nasen(neben)höhlen anpassen und optimieren.
  14. Bei MmCF, die mit der VST beginnen, sollte das CFRD-Management unter Berücksichtigung des klinischen und ernährungsbezogenen Status individuell überprüft und angepasst werden.
  15. MmCF mit VST sollten weiterhin regelmäßig den Ernährungszustand und die Nahrungsaufnahme entsprechend dem sich ändernden Energiebedarf überwachen lassen.
  16. Die Häufigkeit der Ernährungsberatung sollte je nach Alter, klinischem Status und CFTR-Modulator-Therapie individuell angepasst werden.
  17. CF-Teams sollten mit den weitreichenden psychologischen Auswirkungen von VST vertraut sein und MmCF und ihre Betreuer bei Bedarf vorbereiten, beraten und unterstützen, wobei sie bei Bedarf einen CF-Psychologen einbeziehen sollten.
  18. Depressions- und Angstsymptome sollten vor Beginn der VST und spätestens 3 Monate nach deren Beginn untersucht werden.
  19. Bevor Frauen mit Mukoviszidose mit der VST beginnen, sollten Empfängnisverhütung und Fruchtbarkeit überdacht werden und es sollte eine angemessene Beratung erfolgen.
  20. Bei der Entscheidung über die Anwendung von VST während der Schwangerschaft sollten das Risiko für die Gesundheit der Mutter im Falle einer Unterbrechung der Therapie und fehlende Daten zur Sicherheit des Fötus abgewogen werden.
  21. Mit VST behandelte Frauen, die zu stillen beabsichtigen, sollten darüber informiert werden, dass es keine ausreichenden Daten zur Sicherheit während des Stillens gibt.
  22. Menschen mit Mukoviszidose und CFTR-Genvariante(n) mit unklarem Ansprechen auf eine Modulatortherapie sollten an ein Zentrum überwiesen werden, das über Kapazitäten für Ex-vivo-Tests zur Bestimmung des CFTR-Ansprechens verfügt, um möglicherweise einen individuellen Behandlungsplan - auch mit Modulatortherapien - zu erstellen.
  23. Alle MmCF mit CFTR-Genvarianten, die nicht auf die Behandlung ansprechen, sollten weiterhin eine hochwertige multidisziplinäre Betreuung durch einen CF-Spezialisten in einem spezialisierten oder zertifizierten CF-Zentrum erhalten.
  24. Es ist wichtig, dass MmCF und CFTR-Genvarianten, die nicht auf eine VST ansprechen, über klinische Studien informiert und bei der Teilnahme an Studien unterstützt werden.
  25. Bei MmCF nach Organtransplantation sollte die VST für geeignete Patienten in Betracht gezogen werden, wobei die potenziellen Risiken und Vorteile zwischen dem Patienten, dem CF-Team und dem Transplantationsteam besprochen werden sollten.
  26. Für Patienten mit der Diagnose einer CFTR-bedingten Erkrankung gibt es keine Nachweise, die den Einsatz von VST außerhalb von klinischen Studien unterstützen.
  27. Bei Säuglingen mit einer unklaren Diagnose nach dem Neugeborenen-Screening auf Mukoviszidose (CRMS/CFSPID) ist die Anwendung von VST nicht angezeigt.
  28. Bei neuen kostenintensiven Mukoviszidose-Therapien sollte eine aussagekräftige Analyse (Health Technology Assessment) die Auswirkungen auf MmCF und die Gesellschaft bewerten.
  29. Nachweise, die als Grundlage für Erstattungsentscheidungen unter Verwendung öffentlicher Gelder dienen, sollten transparent und für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
  30. Die Mukoviszidose-Gemeinschaft sollte sich weltweit für einen gleichberechtigten Zugang zu neuen Therapien mit nachgewiesener Wirksamkeit für alle MmCF einsetzen.

Übersetzt von der Mukoviszidose Institut gGmbH (Übersetzung ohne Gewähr)

Für den deutschen Versorgungskontext sind auch die frühen (Zusatz-)Nutzenbewertungen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) relevant. Die Bewertungen können auf der Internetseite des G-BA gesucht werden. Für Kaftrio haben wir die Bewertungen in einer Tabelle zusammengestellt: Tabelle G-BA Nutzenbewertung von Kaftrio

Ihre Ansprechpartnerin

Dr. Jutta Bend
Leitlinien / Neugeborenen-Screening
Tel.: +49 (0)228 98780-47
E-Mail: JBend(at)muko.info

CF-CTN Germany Coordination Team
Tel.: +49 (0)228 98780-43
E-Mail: CFCTN(at)muko.info


Quellen und weiterführende Informationen zu Leitlinien:

Zuletzt aktualisiert: 23.02.2024
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