Kaftrio (Trikafta)

Kaftrio (Trikafta) – Triple-Therapie für Mukoviszidose (CF)

Kaftrio (in den USA als Trikafta bekannt) ist ein CFTR-Modulator. CFTR-Modulatoren verbessern die Funktion des CFTR-Kanals. Dabei unterscheidet man Potentiatoren, die einen vorhandenen CFTR-Kanal aktivieren und Korrektoren, die die richtige Herstellung des CFTR-Kanals unterstützen. Die Dreifachkombination Kaftrio kombiniert die Korrektoren Tezacaftor und Elexacaftor und den Potentiator Ivacaftor. Das Medikament ist seit dem 21. August 2020 auch in Europa zugelassen. 


Für wen kann Kaftrio verordnet werden?

Mutation

Kaftrio ist in Deutschland für CF-Patienten zugelassen, die zwei Jahre und älter sind und mindestens eine F508del-Mutation haben. Damit kommt Kaftrio mittelfristig für etwa 85% der Menschen mit Mukoviszidose in Frage.

Grundsätzlich darf der CF-Arzt Kaftrio innerhalb der Zulassung verordnen. Dies ist von der Therapiefreiheit des Arztes gedeckt und gilt für jedes Arzneimittel, für das nicht spezielle Verordnungsausschlüsse gelten. Zusätzlich muss eine Verordnung aber auch wirtschaftlich sein. Das bedeutet in der Regel, dass der Arzt bei gleichwertigen Alternativen das kostengünstigere Medikament auswählen muss.

Hier ist die Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) wichtig: Für jedes neue Medikament wird beim G-BA eine Bewertung durchgeführt, ob es besser wirkt als die bisher verfügbaren Vergleichstherapien. Bei Kaftrio wird dabei in mehrere Patientengruppen unterschieden, weil es bereits mehrere zugelassene Modulatoren (Vergleichstherapien) gibt. Die im Zusammenhang mit den Patientengruppen verwendeten Mutationsbezeichnungen (Minimalfunktionsmutation, Restfunktionsmutation, Gatingmutation) sind dabei nicht deckungsgleich mit den Mutationsklassen I-VI.

Nicht für alle Patientengruppen gibt es genug Studiendaten, um beim G-BA zeigen zu können, dass Kaftrio einen Zusatznutzen gegenüber den bisherigen Alternativen hat. Findet der G-BA keinen Zusatznutzen, kann die Verordnung von Kaftrio unwirtschaftlich sein und für den Arzt besteht evtl. ein Regressrisiko. Wir im Mukoviszidose e.V. setzen uns dafür ein, dass Kaftrio für alle Patienten innerhalb der Zulassung verordnet werden kann, für die es medizinisch sinnvoll ist.

Auf der folgenden Seite kann man alle Details zu den G-BA Beschlüssen nachlesen inklusive der Studiendaten (unter dem Buchstaben I findet man die verschiedenen Verfahren mit dem Wirkstoff "Ivacaftor" auf der 2./3. Seite):

Außerhalb der Zulassung, z.B. bei zwei Mutationen ohne F508del, und bei schlechtem Gesundheitszustand kann der Arzt einen off-label Antrag für einen sogenannten individuellen Heilversuch bei der Krankenkasse stellen. Es erfolgt eine Einzelfallentscheidung durch die Krankenkasse.

Wir im Mukoviszidose e.V. informieren interessierte Ärzte und Ärztinnen, aber auch Menschen mit Mukoviszidose zu den Möglichkeiten und Grenzen individueller off-label Anträge. Neben einer sozialrechtlichen Beratung geben wir gerne auch im Vorfeld Hinweise zu aktuellen Daten und Veröffentlichungen sowie zur konkreten Zulassungssituation bei bestimmten Mutationen. 

Alter

Kaftrio ist aktuell für Patienten ab zwei Jahren zugelassen (Stand November 2023) und kann verordnet werden.

Daten zu klinischen Studien mit Kindern zwischen zwei und fünf Jahren wurden auf der Nordamerikanischen CF-Konferenz 2022 vorgestellt (Plenum 2): 75 Kinder mit mindestens einer F508del-Mutation wurden mit Kaftrio behandelt und über 24 Wochen regelmäßig untersucht. Sowohl die Lungenfunktion (gemessen wurde der sogenannte Lung Clearance Index LCI) als auch der Schweißchloridwert, ein Maß für die Aktivität des CFTR-Kanals, verbesserten sich in den ersten Wochen und blieben bis zum Ende der Studie auf einem ähnlich guten Niveau. Ein Kind musste die Behandlung wegen Verhaltensauffälligkeiten abbrechen. Bezüglich der Sicherheit schreibt der Hersteller, die Daten entsprächen prinzipiell denen der höheren Altersgruppen.

Wahrscheinlich wird Kaftrio in den nächsten Jahren auch für jüngere Kinder zugelassen werden; entsprechende klinische Studien laufen bereits.

Kaftrio auf einen Blick

  • Was: CFTR-Modulator
  • Zugelassen: ab 2 Jahren
  • Mutationen: mindestens eine F508del-Mutation

Ihre Ansprechpartnerin

Dr. Jutta Bend
Leitlinien / Neugeborenen-Screening
Tel.: +49 (0)228 98780-47
E-Mail: JBend(at)muko.info

CF-CTN Germany Coordination Team
Tel.: +49 (0)228 98780-43
E-Mail: CFCTN(at)muko.info


Welche Nebenwirkungen kann Kaftrio haben?

Die folgende Aufstellung ist lediglich eine Auswahl der Informationen. Alle bekannten Nebenwirkungen sind in der Packungsbeilage aufgeführt. Für weitere Informationen lesen Sie bitte die Packungsbeilage bzw. fragen Sie Ihren behandelnden Arzt.

Erstmal vorweg: Grundsätzlich sind viele Nebenwirkungen vorübergehend und verschwinden nach einigen Wochen wieder. Einige Betroffene berichten z.B. von:

  • (Bauch)schmerzen, Durchfall oder Verstopfung

Tipp: Flohsamenschalen können hier helfen. Dabei beeinträchtigt wohl eine Einnahme bei Durchfall direkt mit Kaftrio dessen Wirkung nicht, bei Verstopfung sollte man zwischen der Einnahme von Kaftrio und der Einnahme der Flohsamen etwa eine Stunde warten.

  • Sekretzunahme in den Atemwegen und dadurch vermehrten Husten

Tipp: Viel Wasser trinken!

  • Kopfschmerzen, Ohrenschmerzen und Schwindel, was auch auf die anfängliche Sekretzunahme zurückgeführt wird
  • Erhöhtem Blutdruck
  • Hypoglykämie, also einem Absinken des Blutzuckerspiegels
  • Muskelbeschwerden/schlappe Arme und Beine 

Tipp: Durch die Einnahme von Kaftrio scheinen viele Patienten deutlich fitter zu werden. Wenn dadurch direkt sehr viel mehr Sport gemacht wird, kann das zur Erhöhung bestimmter Blutwerte führen, die diese Beschwerden verursachen. Besprechen Sie das Thema vor Einnahmebeginn mit Ihrem Ambulanzarzt.

  • Erhöhte Leberenzymwerte, die eine Belastung der Leber anzeigen.
  • Hautausschläge, vor allem bei Frauen, die hormonelle Verhütungsmittel einnehmen. 
  • Erhöhte Fruchtbarkeit bei Frauen! (bei Bedarf an Verhütung denken)
  • Unerwünschte Gewichtszunahme durch Heißhunger. 

Tipp: Vereinbaren Sie vor Therapiebeginn einen Termin mit einer Ernährungsberatung um ggf. Ihre Ernährungsgewohnheiten anzupassen. Bei vielen Patienten verändert sich auch der Salzbedarf oder der Bedarf an hochkalorischer Zusatznahrung.

  • Auch psychische Probleme (z.B. Depressionen), insbesondere bei psychiatrischen Erkrankungen in der Vorgeschichte, können auftreten (meist innerhalb von drei Monaten nach Therapiebeginn). Man sollte nach Start mit einer Kaftrio-Therapie auf Anzeichen für depressive Verstimmungen, Suizidgedanken oder ungewöhnliche Verhaltensweisen achten und bei Auftreten solcher Symptome sofort einen Arzt aufsuchen. Bitte scheuen Sie sich auch nicht, Ihren Arzt nach einem geeigneten Ansprechpartner zu fragen.

Tipp: Notieren Sie sich alle Nebenwirkungen. Sprechen Sie mit Ihrem behandelnden Ambulanzarzt über die Nebenwirkungen. Die Nebenwirkungen sollten durch den Arzt bei der zuständigen Behörde (BfArM) gemeldet werden. Nur so ist eine Beobachtung der Nebenwirkungen aller (neuen) Medikamente möglich. Sie können diese auch selber melden. 

Nebenwirkungen beim BfArM melden


Was muss bei der Einnahme von Kaftrio beachtet werden?

Empfohlen wird die Einnahme von 

  • morgens zwei (orangenen) Kaftrio-Tabletten (enthalten die Wirkstoffe Ivacaftor, Tezacaftor und Elexacaftor) und 
  • abends einer (hellblauen) Tablette Kalydeco (enthält den Wirkstoff Ivacaftor).

Dabei sollen etwa 12 Stunden Abstand zwischen den Einnahmen eingehalten werden!

Niemals sollten eigenständig, d.h. ohne Rücksprache mit dem Ambulanzarzt, die Dosierung oder die Reihenfolge der Einnahme verändert werden!

Die Einnahme soll mit einem fetthaltigen Nahrungsmittel erfolgen. Das ist wichtig, damit die Wirkstoffe ihre Wirkung entfalten können. Beispiele sind: ein Stück Käse, ein Glas Vollmilch, ein Stück Schokolade, ein fetthaltiger Joghurt, etwas Avocado, Hummus, Fleisch, öliger Fisch, Nüsse, Sojaprodukte, fetthaltige Getränke. 

Eine Tasse Vollmilch oder eine Handvoll Nüsse reicht dabei vollkommen aus, um die Tabletten einzunehmen. Wenn Sie sonst kein großes Frühstück gewohnt sind, müssen Sie nicht wegen Kaftrio eine große fetthaltige Mahlzeit zu sich nehmen. 

Da sich in der Vergangenheit gezeigt hat, dass Kaftrio zu einer deutlichen Gewichtszunahme führen kann, ist eine gesunde und ausgewogene Ernährung besonders wichtig. Wenn Sie vorhaben, mit einer Kaftrio-Therapie zu beginnen, ist eine Ernährungsberatung sinnvoll.

Auf Speisen und Getränke, die Grapefruit enthalten, müssen Sie während der Behandlung mit Kaftrio leider verzichten. Inhaltsstoffe der Grapefruit können nämlich den Abbau von Kaftrio in der Leber hemmen, so dass die Bioverfügbarkeit von Kaftrio im Körper erhöht wird. Dies könnte durch die zu hohe „Dosis“ Nebenwirkungen verursachen. 

Die Tabletten müssen im Ganzen geschluckt werden und dürfen vor dem Schlucken nicht zerkaut, zerdrückt oder zerbrochen werden, weil derzeit keine klinischen Daten vorliegen, die für andere Anwendungsarten sprechen.

Kinder ab sechs Jahre: Für Kinder unter 30kg Körpergewicht gibt es eine andere Kaftrio-Packung mit Tabletten in niedrigerer Dosierung (halbe Erwachsenen-Dosis). Es werden dann trotzdem zwei Tabletten am Morgen genommen. Kinder über 30kg Körpergewicht bekommen dieselbe Dosierung wie Erwachsene und die bisher gewohnte Packung. Auch in diesem Fall werden morgens zwei Tabletten Kaftrio eingenommen.

Tablette vergessen?

Wenn Sie einmal eine Tablette vergessen haben, können Sie diese innerhalb von höchstens sechs Stunden noch einnehmen und mit dem ursprünglichen Plan weitermachen. 

Wenn es mehr als sechs Stunden sind, ist es komplizierter, weil etwa 12 Stunden zwischen der Morgen- und der Abenddosis vergehen sollen: Haben Sie die Abenddosis vergessen, können Sie sie einfach weglassen und ganz normal mit der nächsten Morgendosis fortfahren. Haben Sie die Morgendosis länger als sechs Stunden vergessen, sollten Sie die Morgendosis noch einnehmen, dafür dann aber die Abenddosis weglassen. Danach geht es wieder wie geplant mit der nächsten Morgendosis weiter.

Grundsätzlich sollten Sie zur Einnahme immer die Packungsbeilage lesen und sich bei Fragen an Ihren Arzt wenden.


Ich habe für mich entschieden, dass ich Kaftrio nehmen möchte. Was muss nun beachtet werden?

Kaftrio kann in Deutschland von Ärzten mit Erfahrung in der Behandlung von CF-Patienten verordnet werden. Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten Kaftrio in Deutschland. Wenn die Verordnung innerhalb der Indikation gestellt wird (ab zwei Jahren und mindestens eine F508del-Mutation), sind keine zusätzlichen Anträge bei den gesetzlichen Krankenkassen notwendig. 

Der genetische Befund sollte auf jeden Fall schriftlich vorliegen, damit die ordnungsgemäße Verordnung nachgewiesen wird. Bei Unsicherheiten oder wenn der Befund schon länger zurückliegt, sollte man die Wiederholung des Tests erwägen.

In jedem Fall muss bei Patienten unter 18 Jahren vor Beginn der Therapie ein Augenarzt aufgesucht werden und auch unter der Therapie regelmäßig eine Kontrolle durch einen Augenarzt erfolgen. Aus präklinischen Studien gibt es nämlich Hinweise, dass ein Inhaltsstoff möglicherweise grauen Star verursacht. D.h. ohne eine Untersuchung durch den Augenarzt darf die Therapie nicht begonnen werden. Der Hersteller hat weiterhin vorgegeben, dass alle Patienten, die Kaftrio erhalten, regemäßig ihren Blutdruck kontrollieren lassen müssen, da Kaftrio den Blutdruck erhöhen kann. Auch die Leberwerte müssen regelmäßig kontrolliert werden, da Kaftrio die Leberfunktion stören kann.

Kaftrio und Kalydeco müssen als zwei getrennte Präparate verschrieben werden. Das kann auf einem Rezept geschehen. Die Packung von Kaftrio mit 56 Tabletten reicht für 28 Tage. Dazu passt die Kalydeco-Packung mit 28 Tabletten, die ebenfalls 28 Tage lang reicht. Allerdings ist die Kalydeco-Packung mit 56 Tabletten kostengünstiger – die Verschreibung entsprechend wirtschaftlich. Wird die kleine Packung verordnet, sollte auch dies begründet werden (z.B. Gefahr der falschen Dosierung von Kalydeco). 

Privat Versicherte haben grundsätzlich den gleichen Anspruch auf das Medikament wie gesetzlich Versicherte. Im Einzelfall kann die Kostenübernahme davon abhängen, welchen Tarif man gewählt hat. In jedem Fall ist es sinnvoll, vor Therapiebeginn die Kostenübernahme mit der privaten Krankenkasse zu klären. 

Privat Versichertemüssen für das teure Medikament nicht unbedingt in Vorleistung treten. Man kann mit der Apotheke eine Abtretungserklärung vornehmen. Die Apotheke kann dann direkt mit der Krankenkasse abrechnen. Jede Apotheke müsste Vordrucke solcher Abtretungserklärungen vorliegen haben.

Bekommt man Kaftrio verordnet, sollten sich alle Beteiligten immer bewusst sein, dass es sich um ein extrem kostspieliges Medikament handelt. Die Therapie mit Kaftrio kostet im Monat so viel wie ein Kleinwagen, im Jahr so viel wie eine Immobilie. Das Wissen um diese hohen Kosten sollte Einfluss haben auf die zuverlässige Einnahme, die Durchführung der weiteren Therapien (Inhalation, Physiotherapie etc.) und den verantwortungsvollen Umgang mit dem Medikament. Und wenn Therapieziele nicht erreicht werden, man also merkt, dass das Medikament nicht oder unzureichend wirkt, sollte man auch über das Wiederabsetzen nachdenken.

Checkliste zur Vorbereitung für meinen Ambulanzbesuch (PDF)


Kann Kaftrio auch bei Patienten mit schlechtem Gesundheitszustand (u.a. eingeschränkte Lungen-, Leber- und Nierenfunktion) verordnet werden? Was ist zu beachten?

Wir haben die Informationen aus der Fachinformation dazu zusammen gefasst. Für weitere Informationen bitte Fachinformation beachten und bei Fragen ggf. an den Arzt wenden.

PatientengruppeEmpfehlung
Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion: 
  • stark eingeschränkt
Patienten sollen nicht mit Kaftrio behandelt werden.
  • mäßig eingeschränkt
Die Behandlung mit Kaftrio wird nicht empfohlen, kann aber u.U. in Erwägung gezogen werden.
  • leicht eingeschränkt
Es ist keine Dosisanpassung empfohlen.
Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion: 
  • stark eingeschränkt
Es liegen keine Erfahrungen vor. Deshalb sollte die Anwendung mit Vorsicht erfolgen.
  • leicht oder mäßig eingeschränkt
Es werden keine Dosisanpassungen empfohlen.
Patienten nach OrgantransplantationDie Anwendung von Kaftrio nach Organtransplantation wurde nicht untersucht. Die Anwendung ist deshalb nicht empfohlen. Zu beachten sind Wechselwirkungen mit Immunsuppressiva (s. Fachinformation).
Eingeschränkte Lungenfunktion (ppFEV1 < 40)Diese Patientengruppe wurde in der Studie 445-102 untersucht. Sicherheit und Wirksamkeit unterschieden sich nicht von der Gesamtgruppe. 

 


Welche Alternativen gibt es für die, die nicht profitieren? 

Es wird Patienten geben, die Kaftrio wegen einer schweren Nieren- oder Lebererkrankung oder einer Transplantation nicht erhalten können. Es wird auch Patienten geben, die das Medikament nicht vertragen oder bei denen es nicht wirkt (sogenannte Non-Responder). Für diese Patienten wird weiter geforscht werden, damit irgendwann alle von der Wirkung von Modulatoren profitieren können.

Für Patienten mit anderen Mutationen, für die es bislang keine Zulassung von CFTR-Modulatoren gibt, fördert die EU ein großes Projekt, in dem anhand von Organoiden getestet wird, ob bestimmte neue CFTR-Modulatoren individuell wirken. Auf dieser Grundlage könnte dann eine Zulassung für den einzelnen Patienten erfolgen. Das Projekt heißt HIT-CF und wird in Utrecht durchgeführt. Der Mukoviszidose e.V. hat deutschen Patienten u.a. durch die Übernahme von Reisekosten die Teilnahme ermöglicht. Wenn das Projekt erfolgreich ist, könnte das Modell für alle Patienten mit seltenen Mutationen angewandt werden.

Außerdem gibt es Forschungsprojekte zu mutationsunabhängigen Therapien. Solche Medikamente, z.B. sogenannte ENaC-Hemmstoffe oder auch mRNA-Wirkstoffe sind nicht von einer bestimmten Mutation des Patienten abhängig.

Erfahrungsberichte

Tatjana kann Kaftrio aufgrund ihrer Mutation leider nicht nehmen. Wie es ihr damit geht, was sie sich für die Zukunft und vom Mukoviszidose e.V. wünscht, lesen Sie in unserem Bloginterview mit ihr. 

Zum Interview

Auch Jennifer kann kein Kaftrio nehmen, da sie eine seltene Mutation hat. Auch sie berichtet auf unserem Blog über ihr Leben mit CF und ohne Modulator. 

Zu Jennifers Erfahrungsbericht


Auswirkungen von Kaftrio auf Frauen und Männer

Schwangerschaft und Kaftrio

Es kursieren zurzeit Erfahrungsberichte darüber, dass Patientinnen nach dem Beginn einer Therapie mit CFTR-Modulatoren wie Kaftrio häufiger (ungewollt) schwanger werden. Es erscheint plausibel, dass durch die teilweise Korrektur des zugrundeliegenden CFTR-Defektes durch das Medikament auch die reduzierte Fruchtbarkeit bei Frauen mit CF verbessert werden kann. Denn CFTR-Modulatoren wirken im ganzen Körper, nicht nur in der Lunge und der Bauchspeicheldrüse. Daher sollte man, falls man keinen Kinderwunsch hat, an Verhütung denken und mit seinem Arzt darüber sprechen. Da in Studien zu neuen Arzneimitteln Schwangere nicht zugelassen sind, gibt es zu diesem Punkt derzeit noch wenige systematische Erfahrungen. Daher muss während einer Schwangerschaft die Modulatorentherapie in der Regel abgesetzt werden, was mit entsprechenden gesundheitlichen Einschränkungen verbunden sein kann. 

Männer mit Mukoviszidose

Bei Männern mit Mukoviszidose ist in 98% kein Samenleiter ausgebildet. Es ist nicht zu erwarten, dass die Modulatoren hierauf einen Einfluss haben. Dennoch sind positive Auswirkungen der Therapie auf die männliche Gesundheit möglich. 


Hintergrundinformationen

Wie wirkt Kaftrio?

Kaftrio ist eine Kombination aus drei so genannten CFTR-Modulatoren: Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor. CFTR-Modulatoren reparieren teilweise den bei Mukoviszidose defekten CFTR-Salzkanal. Man unterscheidet Korrektoren und Potentiatoren. Korrektoren unterstützen den richtigen Zusammenbau des Salzkanals in der Zelle und sorgen so dafür, dass es immerhin Salzkanäle gibt, auch wenn sie nicht optimal funktionieren. Potentiatoren können solche Salzkanäle aktivieren und die Funktion verbessern.
Korrektoren: z.B. Elexacaftor, Tezacaftor
Potentiatoren: Ivacaftor, (Elexacaftor)

Ivacaftor (Kalydeco) ist ein solcher Potentiator, der die vorhandenen Kanäle aktivieren kann. Deshalb wirkt Kalydeco als Einzelwirkstoff auch nur bei Mutationen, bei denen noch Salzkanäle vorhanden sind, die aber nicht richtig arbeiten. Bei anderen Mutationen wirkt Kalydeco nur in Kombination mit Korrektoren, die dafür sorgen, dass die Salzkanäle gebildet werden. Elexacaftor und Tezacaftor sind die Korrektoren in Kaftrio. Sie helfen bei der Bildung des F508del-CFTR-Salzkanals. Kalydeco aktiviert diese Kanäle und verstärkt so den Effekt. Elexacaftor wirkt an einer anderen Stelle und unterstützt Tezacaftor. Inzwischen weiß man, dass Elexacaftor darüber hinaus auch eine Potentiator-Wirkung besitzt.

Grundsätzlich wirkt auch die Kombination aus Tezacaftor und Ivacaftor bei Patienten mit zwei F508del-Mutationen. Diese Zweifachkombination ist als Symkevi in Deutschland zugelassen. In Studien zeigte die Dreifachkombination aus Elexacaftor, Tezacaftor und Ivacaftor (Kaftrio) bei Patienten mit zwei F508del-Mutationen noch bessere Ergebnisse als die Zweifachkombination. Welches Medikament konkret verordnet wird, kann aber individuell unterschiedlich sein. 

 Wie oben gesagt, verstärkt das Kalydeco die Wirkung der anderen Wirkstoffe. Dass es zwei Packungen gibt, hat nur einen regulatorischen Hintergrund: Die Arzneimittelbehörde hat wegen einer möglichen Verwechslungsgefahr Bedenken, verschiedene Medikamente in einer Packung abzugeben. Kaftrio in Kombination mit Kalydeco entspricht also der in den Studien untersuchten Dosis und dem amerikanischen Trikafta.
 

Was ist neu an den CFTR-Modulatoren wie Kaftrio?

Diese neuen Medikamente reparieren (teilweise) den Salzkanal CFTR und greifen somit am Basisdefekt an. Sie beheben aber nicht die Ursache der Erkrankung, also den genetischen Defekt. Bisherige Therapien waren rein symptomatisch, d.h. es konnten nur die Krankheitszeichen (Symptome) behandelt werden.

Dass Kaftrio einen direkten Effekt auf den CFTR-Kanal hat, sieht man auch an seiner Wirkung auf den Schweißtest, der sonst für die Diagnose der Mukoviszidose genutzt wird. Der Salzgehalt im Schweiß ist bei Patienten mit Mukoviszidose erhöht. Dies misst man im Schweißtest. Werte über 60mmol/l Chlorid (Salz) im Schweiß deuten auf eine Mukoviszidose hin; unter 30mmol/l Chlorid ist der Getestete gesund. Durch Kaftrio verschieben sich die Werte von Mukoviszidose-Patienten von „krank“ in den „Graubereich“. Patienten mit einem Schweißtestwert im Graubereich haben in der Regel mildere Krankheitsverläufe als Patienten mit höheren Salzwerten im Schweiß.
 

Ausblick: Werden Patienten, die Kaftrio nehmen, weniger Therapie machen müssen? 

Kaftrio wird zweimal täglich als Tablette eingenommen. Allerdings muss die symptomatische Therapie, z.B. Physiotherapie, Inhalation, Ernährungstherapie u.a. weiterhin durchgeführt werden. Individuelle Anpassungen können ggf. sinnvoll sein. Das sollte aber immer mit dem behandelnden Arzt besprochen werden; keinesfalls sollte die Basistherapie unkontrolliert (ohne Rücksprache mit dem Arzt) abgesetzt werden.

In den USA (SIMPLiFY-Studie) und in UK (CF STORM-Studie) laufen bereits Studien, in denen systematisch und unter strenger Kontrolle untersucht wird, wie sich der Gesundheitszustand entwickelt, wenn die Inhalation mit hypertoner Kochsalzlösung bzw. DNAse reduziert wird.

Erste Ergebnisse stimmen vorsichtig optimistisch: Die Simplify-Studie zeigte nach sechs Wochen keinen Unterschied zwischen der Gruppe mit mukolytischer Therapie und ohne. Allerdings wurden in dieser Studie auch nur Patienten mit einem sehr guten Gesundheitszustand untersucht (durchschnittlich 97% FEV1 bei Beginn der Studie) und die Studie dauerte eben auch nur wenige Wochen.

Die CF-STORM Studie läuft über ein Jahr und will über 750 Patienten mit unterschiedlich guter Lungenfunktion aufnehmen. Die Ergebnisse werden dann voraussichtlich noch genauer Aufschluss darüber geben können, ob das Absetzen der mukolytischen Therapie (hypertone Kochsalzlösung bzw. DNAse) nach Start mit Kaftrio sicher ist und ggf. unter welchen Bedingungen.

Ausblick: Was sind die Langzeitwirkungen von Kaftrio?

Bei Kaftrio handelt es sich um eine Therapie, die lebenslang täglich eingenommen werden muss. Da das Medikament noch nicht lange zugelassen ist, sind Langzeitwirkungen, die sich vielleicht erst nach Jahrzehnten zeigen, noch unbekannt. Es werden jedoch Daten zu Wirksamkeit, Sicherheit und Nebenwirkungen erhoben.

Kürzlich wurden Studiendaten zur Langzeitwirkung aus der VX445-105 Studie mit Patienten ab 12 Jahren und zwei F508del- Mutationen bzw. einer F508del- Mutation in Kombination mit einer Minimalfunktionsmutation veröffentlicht: Die Lungenfunktion (FEV1) blieb über zwei Jahre stabil. Im Vergleich dazu zeigte sich in einer Registerauswertung zur Untersuchung der Langzeitwirkung bei Patienten ohne Kaftrio-Therapie ein Abfall der Lungenfunktion um 1,92 Prozentpunkten pro Jahr (mit Kaftrio-Therapie ein minimaler Anstieg von 0,39 Prozentpunkten). Es waren Daten von 468 Patienten mit Kaftrio-Therapie aus der Studie mit 1714 Patienten ohne die Therapie aus dem amerikanischen Register verglichen worden .

Link zur Publikation


Quellen

Fachinformation zu Kaftrio auf der Seite der EMA

Heijermann et al. (2019) Efficacy and safety of the elexacaftor plus tezacaftor plus ivacaftor combination regimen in people with cystic fibrosis homozygous for the F508del mutation: a double-blind, randomised, phase 3 trial, In: The Lancet; 394 (10212): 1940-1948. Link zum Artikel

Middleton et al. (2019) Elexacaftor–Tezacaftor–Ivacaftor for Cystic Fibrosis with a Single Phe508del Allele. In: N Engl J Med 2019; 381:1809-1819. Link zum Artikel

Zemanick et al. (2021) A Phase 3 Open-Label Study of Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor in Children 6 through 11 Years of Age with Cystic Fibrosis and at Least One F508del Allele, In: Am J Respir Crit Care Med 203(12): 1522-1532. Link zum Artikel

Inhaltsverzeichnis

Die Inhalte auf dieser Seite wurden zuerst im März 2020 erstellt. 

Zuletzt aktualisiert: 20.02.2024