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CFTR-Modulatoren und Ernährung

Tabletten und Müsli. Ernährung spielt bei einer Modulatortherapie eine große Rolle.

Tabletten und Müsli. Ernährung spielt bei einer Modulatortherapie eine große Rolle.

In Zeiten der neuen Therapien (CFTR-Modulatoren) wird viel über deren Auswirkungen auf die Ernährung diskutiert. Angst vor übermäßiger Gewichtszunahme lässt manche sogar zögern, die Therapie regelmäßig einzunehmen. Aber die Gewichtszunahme unter CFTR-Modulatoren ist nicht vorprogrammiert, vielmehr zeigen sich starke Unterschiede zwischen den Therapien und Patienten-individuelle Auswirkungen. 
Tabletten und Müsli. Ernährung spielt bei einer Modulatortherapie eine große Rolle.

Tabletten und Müsli. Ernährung spielt bei einer Modulatortherapie eine große Rolle.

Unter Ivacaftor hat sich beispielsweise eine durchschnittliche signifikante Gewichtszunahme bei Kindern und Erwachsenen gezeigt, die mind. eine G551D-Mutation tragen, und bei diesen Kindern auch ein verbessertes Wachstum verursacht. Bei Erwachsenen mit einer R117H-Mutation hingegen war unter Ivacaftor keine signifikante Gewichtszunahme zu beobachten. Die Therapie mit Ivacaftor/Lumacaftor zeigte ebenfalls keine einheitliche Gewichtszunahme bei den Patienten, es gab hier sowohl Gewichtszunahmen- als auch -abnahmen. Ivacaftor in Kombination mit Tezacaftor zeigte keine statistisch signifikante Gewichtszunahme bei Kindern mit zwei F508del-Mutationen. Die neue Dreifachkombination Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor (ETI, Kaftrio) hingegen zeigte in den Zulassungsstudien wiederum eine signifikante Gewichtszunahme bei den Patienten. Diese Erkenntnisse sind jedoch statistische Auswertungen, die einen durchschnittlichen Trend berechnen. Dieser kann für den Einzelnen zwar einen Hinweis auf die Wahrscheinlichkeit geben, ob sich eine Gewichtszunahme einstellen könnte, aber bei jedem Einzelnen individuell auch unterschiedlich ausfallen. 

Zusammenwirken von Modulatoren und Körpergewicht

Das Körpergewicht (gemessen als BMI) und die Lungenfunktion (gemessen als FEV1) hängen linear zusammen. Das heißt, dass mit steigendem BMI auch eine bessere FEV1 zu sehen ist. Dieser Zusammenhang erreicht aber irgendwann ein Plateau, so dass ein steigender BMI keine weitere Verbesserung der Lungenfunktion bewirkt. Verschiedene Autoren geben diese Schwelle mit BMI-Werten von 23-29 kg/m2 an. 

Der BMI unterscheidet aber das Körpergewicht nicht zwischen Fett und fettfreier Masse (Knochen, Muskeln, Organe, etc.). Eine geringe fettfreie Masse bei CF-Patienten korreliert mit einer Verschlechterung der Lungenfunktion und auch mit höheren Entzündungswerten (proinflammatorische Zytokine), wie Dr. Jessica A. Alvarez, Emory University School of Medicine Atlanta, Georgia verdeutlichte. Aber die fettfreie Masse tritt nicht nur auf, wenn insgesamt ein hohes Körpergewicht vorliegt, sondern auch bei äußerlich schlanken Personen. Insbesondere das um die Bauchorgane eingelagerte Fett (viszerales Fett) korreliert auch in der Allgemeinbevölkerung beispielsweise mit Herzkreislauferkrankungen oder Insulinresistenz. 

Unter der Therapie mit Ivacaftor war die schnelle Gewichtzunahme vor allem auf mehr Flüssigkeit im Körper zurückzuführen, nachfolgend war 64% der Gewichtszunahme Fettmasse. Die Körperzusammensetzung stabilisierte sich aber nach 2,5 Jahren. In anderen Studien zur Ivacaftor.-Therapie zeigte sich aber auch, je nach Methode zur Bestimmung der Körperzusammensetzung, kaum Zunahme der Fettmasse oder der fettfreien Masse oder Zunahme von beidem oder Zunahme nur an Fettmasse, währen die Therapie mit Lumacaftor/Ivacaftor vor allem Fettmasse produzierte, sofern eine Gewichtszunahme beobachtet wurde. 

Die Auswirkungen der CFTR-Modulatoren auf das Körpergewicht werden weiter untersucht und insbesondere auch die Zusammenhänge mit dem CFTR-Genotyp, dem Alter des Patienten und der Dauer der Modulator-Therapie. Dabei stehen auch die verschiedenen Methoden zur Messung der Körperzusammensetzung noch auf dem Prüfstand. 

Wie viel Fett zur Modulator-Therapie?

Genauere Untersuchungen zum Kalorienverbrauch, der Körperzusammensetzung und den Auswirkungen auf den Stoffwechsel unter der Kaftrio-Therapie über mehr als sechs Monate zeigten, dass sowohl der Ruheenergiebedarf als auch der Kalorienverbrauch der Patienten niedriger war als vor der Therapie, wie Julianna Bailey von der Universität Birmingham/Alabama berichtete. Daraus könnte sich die Gewichtszunahme teilweise erklären. Es zeigte sich aber auch, dass die von ihr untersuchten Patienten unter Kaftrio-Therapie mehr Kalorien zu sich nahmen, vor allem in Form von Fett. Wichtig ist, die Patienten vorher gut aufzuklären, so Julianne Bailey, denn sie hatte festgestellt, dass einzelne Patienten die Fettration zur Einnahme der Therapie mit 20-30 g sehr hoch bemessen hatten. 

Hier setzte auch ein Vortrag auf der Deutschen Mukoviszidose Tagung an. Im Plenum über „Fake News“ referierte Prof. Martin Hug aus Freiburg aus Sicht eines Pharmakologen über die richtige Menge an Fett, die zu Modulatoren eingenommen werden sollten. Fett ist wichtig, um die fettlöslichen Bestandteile des Medikamentes im oberen Magendarmtrakt zu „emulgieren“, also die Fette mit der wässrigen Umgebung des Magendarmtraktes zu mischen und die Wirkstoffe verfügbar zu machen. Da aus den Fachinformationen der Medikamente keine konkrete Mengenangabe hervorgeht, kam Prof. Hug nach Auswertung der Fachliteratur zu Ernährung und Modulatoren zu dem Ergebnis, dass eine genaue Fettmenge nicht festzulegen ist. Die Aufnahme und Verstoffwechselung der Medikamente ist individuell so unterschiedlich, dass auch die Fettmenge, um die Medikamente zu emulgieren, unterschiedlich sein kann. Die Ursache dafür lässt sich bislang nicht abschließend erklären. Seine Empfehlung lautete daher, zur Einnahme von CFTR-Modulatoren 5-10 g Fett zu essen, je nachdem, was auch hinsichtlich der Verdauung gut verträglich ist. 

Was esse ich am besten und wann (nicht), wenn ich Modulatoren nehme?

Die Bioverfügbarkeit eines Medikamentes (Anteil des Wirkstoffs, der im Körper ankommt) kann mit der Nahrung verändert werden, denn Bestandteile von Nahrungsmitteln können mit Bestandteilen von Medikamenten interagieren oder um Stoffwechselwege konkurrieren. Das bekannteste Beispiel dafür ist wahrscheinlich die Grapefruit, die bis zu drei Tage lang die Verstoffwechselung von Ivacaftor hemmen kann, und Johanniskraut oder Lakritz, die die Verstoffwechselung fördern und dadurch zu niedriger Wirkkonzentration von Ivacaftor führen können. Aber auch der Füllungszustand des Magens bestimmt die Geschwindigkeit von Freisetzung und Resorption des Wirkstoffes eines Medikamentes und damit seine Aufnahme in den Körper und seine Wirkstärke. Das kann über den Erfolg oder Misserfolg der Behandlung entscheiden.

Im Therapiealltag stellt sich daher oft schon die Frage, wie ein Medikament nüchtern vor oder nach dem Essen eingenommen werden soll und mit welchem Abstand zum Essen. Ein Medikament nüchtern einzunehmen, bedeute, es eine halbe Stunde vor oder zwei Stunden nach dem Essen mit einem Glas Leitungswasser, aber nicht mit Kaffee, Mineralwasser oder Tee einzunehmen, so Annette Simon aus dem Arbeitskreis Ernährung im Mukoviszidose e.V.. Ohne Flüssigkeit kann eine Tablette oder Kapsel in der Schleimhaut der Speiseröhre hängenbleiben. Getränke-Inhaltsstoffe wie Kalzium oder andere Mineralstoffe können feste Komplexe mit Bestandteilen von Medikamenten bilden, die die Wirksamkeit reduzieren. Auch eine aufrechte Haltung des Oberkörpers ist bei der Einnahme von Tabletten oder Kapseln wichtig. Zusätzlich sollte man darauf achten, möglichst konstante Einnahmebedingungen einzuhalten, d.h. sowohl die Tageszeit als auch der Abstand zur Mahlzeit sollte gleichbleiben. 

Die Liste der Wechselwirkungen von Medikamenten mit Inhaltsstoffen von Nahrungsmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln ist lang und selbst Lebensmittel wie Käse oder Sauerkraut können mit Medikamenten interagieren. Es ist daher sehr wichtig, dass auch bei der Ernährungstherapie die Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine und Mineralstoffe zur Sprache kommen und eine individuell geeignete Diät besprochen wird. Bei einer Dauertherapie sollte aber unbedingt vermieden werden, die Ernährung plötzlich drastisch zu verändern. 

Kann die Einnahme von Vitaminen unter Modulatortherapie wegfallen?

Die Therapie mit CFTR-Modulatoren beeinflusst u.a. den pH-Wert im Darm und verbessert in vielen Fällen auch die Fettverdauung und die Infektion des Darmepithels. Das hat auch Auswirkungen auf die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen (Vitamin A, D, E, K). In Studien wurde festgestellt, dass die Konzentration von Vitamin A im Blut deutlich höher ist, wenn Ivacaftor eingenommen wird. Unter Kaftrio zeigten sich sogar starke Nebenwirkungen der erhöhten Vitamin A-Konzentration (Retinol) im Blut bis hin zum Anstieg des Gehirndrucks. Interessanterweise zeigte sich in einer Heidelberger Studie nach dem Beginn einer Modulatortherapie aber auch eine Reduktion der Vitamin E-Spiegel. Wie diese Ergebnisse zu interpretieren sind, ist noch unklar. Zunächst sollten aber die Blutspiegel der fettlöslichen Vitamine regelmäßig überprüft werden, wenn eine regelmäßige Vitamineinnahme bei CFTR-Modulatortherapie erfolgt, so PD Dr. Olaf Sommerburg aus Heidelberg.

Dieser Bericht ist Teil unserer Zusammenfassungen der Ergebnisse der Nordamerikanischen CF-Konferenz und der Deutschen Mukoviszidose Tagung (DMT), die im November digital stattfanden.


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