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Ivacaftor als Therapieansatz für Glioblastom?

Hirntumoren (Gliome) sind oft schwierig zu behandeln und führen zu einer hohen Sterblichkeitsrate. Deshalb wird in alle Richtungen erforscht, ob neue Substanzen für die Behandlung infrage kommen. Der bei Mukoviszidose defekte CFTR-Kanal könnte in die Entstehung von Krebs möglicherweise involviert sein, da liegt es nahe, den Versuch zu wagen, erfolgreiche Mukoviszidose-Therapien auf die Krebstherapie zu übertragen.

Glioblastom-Stammzellen verhindern erfolgreiche Therapie

Das Glioblastom, der häufigste und aggressivste primäre Gehirntumor, wird durch sogenannte Glioblastom-Stammzellen verursacht, die auf die Standard-Chemotherapie mit Temozolomid kaum ansprechen. Der Tumor kann zwar therapeutisch zunächst verkleinert werden, es kommt aber aufgrund der hohen Regenerationsfähigkeit der Glioblastom-Stammzellen bei etwa der Hälfte der Patienten schnell wieder zur Erneuerung des Tumors. Es wird daher nach Substanzen gesucht, die die Stammzellen wirkungsvoll blockieren.

In Zellkulturen scheint CFTR Krebszellen zu regulieren

In Zellkultur-Experimenten fiel auf, dass es eine mögliche Korrelation geben könnte zwischen der Dysfunktion des CFTR-Kanals und der Entstehung von Krebs, wobei die tatsächliche Bedeutung kontrovers diskutiert wird. Bei verschiedenen Krebsarten wurde in Zellkulturen gezeigt, dass der gesunde CFTR-Kanal als ein Tumor-Suppressor fungiert. Andererseits wurde aber auch berichtet, dass eine erhöhte CFTR-Bildung mit der Entstehung von Krebs, z.B. im weiblichen Geschlechtssystem, assoziiert ist. Möglicherweise hat CFTR eine regulatorische Funktion auf andere Zellen oder auf Signalwege der Zellkommunikation und könnte dadurch eine Rolle bei der Entstehung von Krebs spielen. Diese noch sehr experimentellen Ergebnisse brachten chinesische Wissenschaftler um Kun Liu auf die Idee, auch Substanzen, die den CFTR-Kanal erfolgreich regulieren, für ihre Suche nach Medikamenten gegen das Glioblastom zu untersuchen. 

Ivacaftor unterstützt die Chemotherapie

Die chinesische Arbeitsgruppe beobachtete, dass Ivacaftor (als Kalydeco für die Therapie der Mukoviszidose seit 2012 zugelassen) in Zellkulturen sowohl das Wachstum der Glioblastom-Stammzellen als auch in Folge dessen das Tumorwachstum direkt hemmte. Ivacaftor schien die Zellvermehrung zu unterdrücken und induzierte die sogenannte Zellapoptose, den programmierten Zelltod, der bei Krebszellen unterdrückt ist und dadurch wesentlich zur Entstehung von Tumoren beiträgt. Insbesondere in Kombination mit der Standard-Chemotherapie Temozolomid zeigte sich ein hemmender Effekt auf die Glioblastom-Stammzellen. Auch im Tierversuch führte die Ivacaftor-Behandlung zu einer deutlichen Hemmung des Tumorwachstums. 

Diesen ersten Erkenntnissen müssen noch weitere Untersuchungen folgen, um Ivacaftor irgendwann als zusätzliches Krebsmedikament bei Patienten einsetzen zu können, vor allem bei denen, deren Glioblastom schlecht auf die Behandlung mit Temozolomid anspricht. 

Bei Mukoviszidose-Betroffenen sind Glioblastome nicht häufig

Verglichen mit der Allgemeinbevölkerung haben Betroffene mit Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF) ein erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken. Das betrifft vor allem ältere und transplantierte Patienten, deren Immunsystem nach der Transplantation unterdrückt werden muss und daher auf Tumorzellen nicht mehr so gut reagieren kann, aber auch andere CF-Patienten. Tumore bei CF entstehen vor allem im Magendarmtrakt und in anderen Organen, bei Hirntumoren gibt es bislang keine auffällige Häufung. 

Die Vorsorgeuntersuchungen auf Krebserkrankungen sollten bei CF-Patienten früher als in der Allgemeinbevölkerung durchgeführt werden, insbesondere für Magendarm-Tumoren, die in Vorsorgeuntersuchungen gut erkannt und früh erfolgreich behandelt werden können. 

Zitierte Fachliteratur 

  • Liu K, et al.. Ivacaftor Inhibits Glioblastoma Stem Cell Maintenance and Tumor Progression. Front Cell Dev Biol . 2021 May 11;9:678209. doi: 10.3389
  • Zhao M, et al. CFTR promotes malignant glioma development via up-regulation of Akt/Bcl2-mediated anti-apoptosis pathway. J Cell Mol Med 2020 Jul;24(13):7301-7312. doi: 10.1111

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Dr. Uta Düesberg (udueesberg(at)muko.info)

In diesem Beitrag werden Wirkungen bzw. Nebenwirkungen von Arzneimitteln besprochen. Diese Informationen werden durch das Mukoviszidose-Institut ohne den Einfluss Dritter nach bestem Wissen und Gewissen bereitgestellt. In keinem Fall ist damit eine Empfehlung für den Gebrauch oder Nichtgebrauch eines Arzneimittels verbunden. Patienten sollten vielmehr mit ihrem/ihrer Arzt/Ärztin die für sie individuell richtige Therapie besprechen.
 


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