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Schmerzen bei Mukoviszidose: allgegenwärtig, doch (noch) selten Thema

Bei der angeborenen, seltenen Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF) sind meist mehrere Organe betroffen und es gibt etliche Begleit- und Folgeerkrankungen, die auftreten können. Eigentlich offensichtlich, dass auch Schmerzen dabei eine Rolle spielen müssen. Deshalb hat sich eine Arbeitsgruppe aus Bochum mit dem Thema in einer systematischen wissenschaftlichen Literaturauswertung auseinandergesetzt. Das Ergebnis: Das komplexe Thema Schmerzen bei CF ist gerade in Deutschland offenbar noch unterrepräsentiert. Dabei ist die Behandlung der Schmerzen bei CF kompliziert und oftmals herausfordernd.

Keine Studien aus Deutschland gefunden

Die Bochumer Arbeitsgruppe um Christoph Maier und Folke Brinkmann durchsuchten die Literaturdatenbank Pubmed sowie deutsche Fachliteratur und die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlich Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) und veröffentlichten ihre Ergebnisse kürzlich in Der Pneumologe (Link zum Originalartikel s. unten). Von den über 1600 identifizierten Artikeln wurden 41 als relevant eingestuft und genauer ausgewertet. Bei den meisten Arbeiten handelte es sich um Befragungen von Patienten, Familien oder Behandelnden. Es gab Studien aus den USA, Kanada, Europa und Australien, aber keine aus Deutschland. Auch in deutschen Leitlinien und deutschsprachiger Fachliteratur konnte das Thema Schmerztherapie im Zusammenhang mit CF nicht identifiziert werden. 

Verschiedenste Arten von Schmerzen

Die Autoren fanden Schmerzen bei CF nicht nur bei den älteren Patienten mit fortgeschrittener CF-Erkrankung. Alle Altersklassen ab dem frühen Kindesalter waren betroffen. Während es bei Kindern häufiger noch schmerzfreie Zeiten gibt, überwiegen bei erwachsenen Patienten dann chronische Schmerzen. Auch die Schmerzlevel stiegen mit dem Alter an. Dabei wurden die unterschiedlichsten Schmerzen angegeben: Bauchschmerzen, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Schmerzen im Brustkorb, aber auch Rücken-, Kopf- und Nackenschmerzen und Schmerzen aufgrund von osteoporosebedingten Knochenbrüchen. Auch Diagnostik und Therapie der Mukoviszidose können Schmerzen verursachen, z.B. bei Blutentnahmen oder Bronchoskopie oder auch Physiotherapie mit autogener Drainage. 

Dabei spielen die Schmerzen eine so große Rolle, dass sie eine Einschränkung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zur Folge haben und ein Risiko für Depressions- und Angststörungen darstellen können. Außerdem können die Schmerzen dazu führen, dass Menschen mit Mukoviszidose bestimmte schmerzhafte Therapien vermeiden und die Krankheit so schneller fortschreiten kann. 

Therapie oft eine Herausforderung

Bei CF kommen verschiedene Schwierigkeiten in Bezug auf Schmerzen zusammen: Aufgrund der vielen Medikamente in der Grundtherapie kann es zu Wechselwirkungen kommen. Und weil die Schmerzen oft lebenslang bestehen, darf die Schmerztherapie kein zu großes Abhängigkeitspotential haben. Nun scheint aber auch der CFTR-Defekt (Ursache der Mukoviszidose) selbst einen Einfluss auf die Schmerzwahrnehmung zu haben, so dass Daten von anderen Erkrankungen nur bedingt übertragbar sind. Die Schmerzkontrolle ist erschwert, möglicherweise durch generell abgesenkte Schmerzschwellen. Weitere Probleme sind die eingeschränkte Leber- und Nierenfunktion bei kränkeren Patienten auf der einen Seite und fehlende Zulassungen von Schmerztherapien bei Kindern und Jugendlichen auf der anderen Seite. Es gibt noch viele Fragen zu Dosierungsschwierigkeiten, Wechselwirkungen und dem Abhängigkeitspotential. Dabei ist die Notwendigkeit einer funktionierenden Schmerzkontrolle ein so wichtiges Thema und sollte unbedingt häufiger zwischen Behandler und Patient besprochen werden. 

Dringender Forschungsbedarf zu Schmerzen bei CF

Es gibt nach den Untersuchungen der Autoren nur wenige Studien zur Wirksamkeit von Schmerztherapien bei Mukoviszidose. Am häufigsten werden sicherlich Tabletten (Analgetika) wie Paracetamol, Ibuprofen oder Aspirin eingenommen, oft als Selbstmedikation. Daten zu Wirksamkeit und Risiken bei CF gibt es für die Analgetika aber wohl nicht. Opioide kommen später in der Palliativbehandlung und bei schweren chronischen Schmerzen, auch bei Dyspnoe, zum Einsatz. Bei alternativen Behandlungen wurden immerhin einige Studien durchgeführt, allerdings entweder ohne Kontrollgruppe oder ohne eindeutiges Ergebnis: Eine regelmäßige Yogatherapie linderte Gelenkbeschwerden und Ängste in einer prospektiven, nicht kontrollierten Studie und Osteopathie brachte eine nicht signifikante Verbesserung bei Thoraxschmerzen gegenüber keiner zusätzlichen Therapie oder einer Scheintherapie als Vergleichsgruppe. Für das Cannabinoid THC (Tetrahydrocannabiol) wurde gezeigt, dass es auf Schmerzen generell nur eine geringe Wirkung hat – die Fachgesellschaften empfehlen es deshalb bei Schmerzen ausdrücklich nicht. 

Insgesamt ist aber die Datenlage bei CF extrem unklar und es besteht erheblicher Forschungsbedarf zu Schmerztherapien bei Mukoviszidose. Auch sollte das Thema häufiger besprochen werden und Eingang in deutsche Leitlinien finden. 

Quelle:

Hoffmann, A.T., Dillenhöfer, S., Lücke, T. et al. Zystische Fibrose und Schmerzen – ein unterschätztes Problem. Pneumologe (2022). https://doi.org/10.1007/s10405-021-00427-9 

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Dr. Jutta Bend (JBend(at)muko.info).

In diesem Beitrag werden Wirkungen bzw. Nebenwirkungen von Arzneimitteln besprochen. Diese Informationen werden durch das Mukoviszidose-Institut ohne den Einfluss Dritter nach bestem Wissen und Gewissen bereitgestellt. In keinem Fall ist damit eine Empfehlung für den Gebrauch oder Nichtgebrauch eines Arzneimittels verbunden. Patienten sollten vielmehr mit ihrem Arzt/ihrer Ärztin die für sie individuell richtige Therapie besprechen.
 


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