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Deutsche Mukoviszidose Tagung 2023: Darmgesundheit bei CF

Die Deutsche Mukoviszidose Tagung findet alljährlich im Kongress Centrum in Würzburg statt.

Die Deutsche Mukoviszidose Tagung findet alljährlich im Kongress Centrum in Würzburg statt. Foto: Britta Leonhardt-Kuschner

Auf der Deutschen Mukoviszidose Tagung in Würzburg Ende November 2023 war auch die Darmgesundheit Thema eines Seminars, das Bärbel Palm aus Homburg und Alina Pipke aus Amrum gestalteten. Wichtig war dabei das Mikrobiom, die Gesamtheit aller Mikroorganismen im Darm. Bei Menschen mit Mukoviszidose sieht dieses Mikrobiom anders aus als bei Menschen ohne CF.
Die Deutsche Mukoviszidose Tagung findet alljährlich im Kongress Centrum in Würzburg statt.

Die Deutsche Mukoviszidose Tagung findet alljährlich im Kongress Centrum in Würzburg statt. Foto: Britta Leonhardt-Kuschner

Das Mikrobiom als Schlüsselfaktor

Die Darmgesundheit ist nicht nur bei Menschen mit CF ein Thema, das in den letzten Jahren zunehmend ganzheitlich betrachtet wird. Im Fokus steht dabei das Darm-Mikrobiom, das die Gesamtheit aller Mikroorganismen bezeichnet, die den Darm besiedeln. Das sind neben Bakterien, die den Großteil des Mikrobioms ausmachen, auch Viren, Pilze und andere Mikroorganismen. Das Mikrobiom ist nicht nur für die Verdauung von Nahrungsbestandteilen verantwortlich, sondern auch für die Entwicklung und Stimulation des Immunsystems und zur Abwehr von Krankheitserregern. Es hat Bedeutung bei Erkrankungen des Magendarmtraktes, aber auch bei Stoffwechsel- und psychischen Erkrankungen. Man weiß, dass das Mikrobiom im Laufe des Lebens einem Wandel unterliegt, der auch geprägt ist von der Ernährung, von körperlicher Bewegung, Medikamenteneinnahmen, Umwelteinflüssen wie Stress oder Krankheiten und auch der genetischen Basis jedes Einzelnen. Die wichtigste gesunde Eigenschaft des Mikrobioms scheint seine Vielfalt (Diversität) zu sein, d.h. das Vorkommen von vielen verschiedenen Bakterienarten, die in einem Gleichgewicht zusammenleben. 

Bei CF ist das Mikrobiom anders

Bei Menschen mit CF ist bekannt, dass das Mikrobiom bei Säuglingen langsamer reift, die Zusammensetzung verändert und die Diversität (Vielfalt) verringert ist. Es zeigen sich weniger Bakterien mit entzündungshemmenden Eigenschaften. 

Im Magen-Darm-Trakt führt die CFTR-Dysfunktion zu einem saureren Milieu im Darm, einem veränderten Darmsekret, einem Mangel an Verdauungsenzymen und reduzierten Darmbewegungen. Diese Mechanismen, kombiniert mit Antibiotikatherapien, fördern die Magen-Darm-Entzündungen und eine Veränderung des Mikrobioms (Dysbiose). Hieraus können systemische Entzündungen und Komplikationen bis hin zu Tumoren folgen. Neben den Antibiotika beeinträchtigen auch andere Medikamente wie Magensäureblocker, Antirheumatika, Metformin und Chemotherapeutika das Mikrobiom. Die Ernährung hat über das ganze Leben hinweg Auswirkungen auf die Darmgesundheit. 

Wie beeinflusst Ernährung das Mikrobiom?

Nahrungsmittel haben viele Bestandteile, die auf das Mikrobiom einwirken. Neben Eiweiß, Fett, Zucker, Süßstoffen und Salz, sind das z.B. auch sekundäre Pflanzenstoffe (Flavonoide, Carotinoide, Monoterpene etc.), Taurin, Omega 3-Fettsäuren und Ballaststoffe. 

Probiotika noch nicht ausreichend erforscht

Studien zur Wirkung von Probiotika auf das Mikrobiom bei CF zeigen widersprüchliche Ergebnisse. Es gibt einerseits einen potenziell positiven Einfluss, z.B. dass sich das Ungleichgewicht der Mikroorganismen verbessert, sich die Entzündungsparameter im Stuhl reduzieren (Calprotectin) oder sich die Anzahl von Lungenexazerbationen verringert. Andere Studien haben aber keinen Effekt auf die Lungenfunktion, das Körpergewicht, die Dauer der Antibiotika-Therapie, die Rate an Hospitalisierung oder die Lebensqualität gezeigt. Auch ist nicht klar, welche Bakterien in welcher Konzentration und welcher Zubereitung den größten Effekt haben. 

Probiotika können als natürlich fermentierte Lebensmittel (z.B. Sauerkraut) aber auch als probiotische Lebensmittel (z.B. Joghurt), Nahrungsergänzungs- oder Arzneimittel aufgenommen werden. Bei natürlich fermentierten und probiotischen Lebensmitteln ist nicht klar, wie viele Bakterien sie enthalten. Es ist zudem die Frage offen, wie viele Bakterien die Magen-Darm-Passage lebend überstehen. Durch Kochen oder Pasteurisieren zur Haltbarmachung werden sie zudem oft vorab schon abgetötet. Die Wirkung probiotischer Lebensmittel ist wissenschaftlich nicht bewiesen und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat ein dementsprechendes Werbeverbot für die Produkte ausgesprochen. Lediglich Arzneimittel zur probiotischen Behandlung sind hinsichtlich Anwendungsgebiet, Bakterienzahl und Bakterienart definiert und pharmazeutisch geprüft. In Leitlinien sind Empfehlungen zu Probiotika bei bestimmten Erkrankungen bislang relativ rar. Der Einsatz von Arzneimittelhefe (Saccharomyces boulardii) und Lactobacillus rhamnosus GG (LGG) wird bei Therapien mit Antibiotika allerdings durchaus empfohlen. Die Einnahme von Arzneimittelhefe ist parallel zur Antibiose möglich, die von LGG nach Abschluss der Behandlung. Sie sollten eine halbe Stunde vor dem Frühstück eingenommen werden, um eine schnellere Magenpassage zu gewährleisten. Für abwehrgeschwächte Patienten kann die Einnahme von Probiotika gefährlich sein und sollte daher keinesfalls erfolgen. Dies gilt beispielsweise für Menschen nach Transplantation, die mit Immunsuppressiva behandelt werden. 

Lösliche und unlösliche Ballaststoffe  

Ballaststoffe (Faseranteile aus Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchte etc.) können das Mikrobiom positiv beeinflussen. Lösliche Ballaststoffe (Präbiotika) werden von Bakterien abgebaut und erhöhen die Vielfalt, das Wachstum und die Aktivität der Bakterien, während die unlöslichen im Dickdarm das Wasser binden und für einen besseren Stoffaustausch zwischen den verschiedenen Bakterienarten sorgen. Beide zusammen führen zu einer Erhöhung des Stuhlgewichts und zu einer Verkürzung der Transitzeit im Darm. 

Sekundäre Pflanzenstoffe nicht als Medikament einnehmen

Es sind etwa 100.000 sekundäre Pflanzenstoffe bekannt, von denen ca. 10.000 in Lebensmitteln vorkommen. Sie werden von den Mikroorganismen im Darm verstoffwechselt und die Stoffwechselprodukte wirken sich positiv auf das Wachstum und die Gesundheit der Bakterien aus. Die positiven Effekte sind wahrscheinlich am höchsten, wenn ein breites Spektrum an Pflanzenstoffen aufgenommen wird. Die Wirkung isolierter Pflanzenstoffe in Form von Kapseln oder Pulver ist fragwürdig und wird nicht empfohlen. 

Taurin und Omega 3-Fettsäuren

Taurin gelangt über die Gallensäuren in den Darm und erfüllt darüber eine wichtige Funktion im Fettstoffwechsel. Es wird größtenteils im Dünndarm wieder vom Körper aufgenommen. Teilweise gelangt Taurin aber in den Dickdarm, wo es von Darmbakterien zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut wird und somit einen positiven Einfluss auf das Mikrobiom nimmt. Auch Omega 3-Fettsäuren, die beispielsweise in fetten Meeresfischen oder Walnüssen enthalten sind, stärken die Vielfalt der Bakterien im Darm. 

„Western Diet“ und ihre Folgen

Dass die typisch westliche Ernährung mit hoch verarbeiteten industriell hergestellten Lebensmitteln, viel rotem Fleisch, Salz und Zucker, Fast Food und wenig Ballaststoffen der Gesundheit schadet, ist weithin bekannt. Sie fördert Entzündungen und destabilisiert die Darmbarriere. Menschen mit CF haben in der Vergangenheit ihren hohen Energiebedarf häufig mit fett- und zuckerreichen ungesunden Lebensmitteln gedeckt. Hier hat nicht zuletzt wegen der neuen CFTR-Modulatortherapien ein Umdenken stattgefunden. Aufgrund der effizienteren Verdauung und des verbesserten Stoffwechsels ist eine hochkalorische, salzreiche Ernährung nicht mehr in jedem Fall nötig. Vielmehr steigt die Zahl der übergewichtigen CF-Patienten deutlich an mit den bekannten Folgen für Herzkreislauferkrankungen und Diabetes. Fettleibigkeit korreliert aber auch mit negativen Veränderungen der Zusammensetzung und Funktion der Darmflora.

Gesunde Ernährung 

Die Qualität der Ernährung ist entscheidend für die Darmgesundheit. Es ist ratsam, täglich Milchsäurebakterien zu sich zu nehmen, z.B. in Form von Sauermilchprodukten, fermentiertem Gemüse oder Sauerteig, der mit traditioneller Teigführung zu Brot gebacken wird. Die Lebensmittel sollten weitgehend naturbelassen sein. Gemüse sollte so bunt wie möglich und am besten vor oder zu jeder Mahlzeit gegessen werden und ebenso hochwertige Fette, wie sie in Nüssen, Fisch und Ölen vorkommen. Zuckerhaltige Speisen und Getränke sollten so wenig wie möglich konsumiert werden und vor allem nicht auf leeren Magen, damit der Zucker nicht so schnell in das Blut gelangt und den Insulin-Spiegel zu stark in die Höhe treibt. Besser ist, diese in Zusammenhang mit einer komplexen Mahlzeit, die auch Eiweiß, Fett und Ballaststoffe enthält, zu sich zu nehmen. Diese Empfehlungen gelten für Menschen mit CF genauso wie für alle anderen. Menschen mit CF sollten aber darüber hinaus die Ernährungsberatung über die CF-Ambulanz nutzen, um ihre Ernährung individuell zu optimieren. 


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