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ECFC 2021: Neue Therapien auch für Patienten mit seltenen Mutationen: Update Gentherapie

DNA-Strang: Die Ursache der Mukoviszidose ist ein Fehler im Erbgut
Auf der ECFS-Konferenz 2021 wurden in verschiedenen Workshops und Symposien neue Daten zu gentherapeutischen Ansätzen vorgestellt. Solche Therapien sollen insbesondere Patienten zugutekommen, die von Kaftrio nicht profitieren können, etwa weil sie eine seltene Mutation haben oder weil Kaftrio bei ihnen nicht so gut wirkt (Non-Responder). Während die Methode des „Gene editing“ noch weit von der klinischen Praxis entfernt zu sein scheint, gibt es verschiedene Verfahren auf RNA-Basis, die im Labor schon erfolgreich sind und bei denen in den nächsten Jahren die ersten klinischen Studien anlaufen sollen.
DNA-Strang: Die Ursache der Mukoviszidose ist ein Fehler im Erbgut

tRNA und mRNA Nanopartikel zur Inhalation

So gibt es tRNA-Verfahren für bestimmte Stoppmutationen (z.B. R553X) und mRNA-Verfahren, die unabhängig von der CFTR-Mutation eingesetzt werden sollen. Daten dazu wurden von ReCode Therapeutics vorgestellt. Ähnlich wie man es von den mRNA-Impfstoffen von BioNTech und Moderna kennt, wird die RNA hier mittels Lipid-Nanopartikeln in die Zellen gebracht. Laborergebnisse in Lungenzellen zeigen eine Verbesserung der CFTR-Funktion. Auch die inhalative Gabe der Partikel funktioniert in Mäusen bereits und es werden offenbar auch die richtigen Zellen in der Lunge erreicht. Diese Ansätze würden allerdings nicht zu einer dauerhaften Korrektur nach einmaliger Anwendung führen, sondern müssten voraussichtlich zweimal in der Woche wiederholt werden. Bei dem tRNA-Ansatz (RCT223) wird das Stoppcodon erkannt und durch einen anderen Baustein (die Aminosäure Arginin) ersetzt. Der mRNA-Wirkstoff, RTX0001, kann im Laborversuch einen Teil der CFTR-Funktion wiederherstellen – die Wirksamkeit lag etwas unter der von Kaftrio. Weitere toxikologische Studien in Tiermodellen laufen. Diese sind die Voraussetzung für erste Studien mit Menschen.

Antisense-Oligonukleotide für seltene Stoppmutationen: Bald erste klinische Studien 

Auch SpliSense verfolgt einen gentherapeutischen Ansatz. Sie untersuchen ein so genanntes Antisense Oligonucleotid (ASO), SPL23ASO, das spezifisch für die Stoppmutation W1282X eingesetzt werden könnte. Die Idee: das ASO bindet an die defekte mRNA in der Zelle und verursacht die Produktion eines CFTR-Proteins ohne den Teil, in dem die jeweilige Mutation liegt. Auch ohne diesen Bereich erhält man oft ein stabiles und teilweise funktionierendes CFTR-Protein. Ohne die ASO-Korrektur erhält man aber bei Stoppmutationen gar kein CFTR-Protein, so dass mit dem ASO-Ansatz ein erster entscheidender Schritt gelingen könnte. Denn wenn ein CFTR-Protein vorliegt, könnte dieses durch die gängigen CFTR-Modulatoren ebenfalls effektiv behandelt werden, was bisher leider ja nicht möglich ist. Auch hier sind die Laborergebnisse vielversprechend und die Firma plant erste klinische Studien mit Patienten für 2022. Die ASO Ansätze müssen für jede Mutation einzeln entwickelt werden. Neben dem oben genannten Wirkstoff ist noch ein weiterer in der Entwicklung (SPL84-23), der auf die Mutation 3849+10kb C->T CFTR abzielt. Es gibt also einige gentherapeutische Ansätze in der Entwicklung. Allerdings wird es noch einige Jahre dauern, bis auch Wirksamkeit und Sicherheit im Menschen bestätigt sind und diese neuen Medikamente dann auch tatsächlich den Patienten zugutekommen. 

Ausblick Gene Editing

Was die spezifische Korrektur der Mutation in der Zelle durch „Gene editing“ angeht, kann man wirklich nur sagen, dass es erste Ansätze dazu gibt und man die Werkzeuge in der Hand hat, um die Fehlerquote beim Editieren gering zu halten (Prime editing und base editing machen nur Einzelstrangbrüche und können daher relativ fehlerfreier fürs Editing genutzt werden. Das normale CRISPR/Cas System hingegen schneidet die DNA komplett durch, so dass die anschließende Editierarbeit fehlerhaft sein kann). Aber eine in vivo Korrektur durch „Gene editing“ ist sicherlich noch so schnell nicht realisierbar aus Gründen der Sicherheit. Die Machbarkeit einer spezifischen Korrektur wurde aber in Zelllinien im Labor für die Mutation L277R bereits gezeigt.

Aber es gibt auch Arbeitsgruppen, die sich damit beschäftigen, wie DNA oder RNA an den Ort der Wirkung gebracht werden kann. Eine Firma in den USA hat sich auf die Entwicklung von Adeno assoziierten Viren (AAV) spezialisiert, die je nach Erkrankung und Transportgut angepasst werden können.

Dieser Bericht ist Teil unserer Serie über die europäische CF-Konferenz, die vom 9. bis 12. Juni 2021 digital stattfand.


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