Gentherapie bei anderen monogenetischen Erkrankungen zugelassen
Bei monogenetischen Erkrankungen (wie der Mukoviszidose) ist eine Gentherapie theoretisch machbar, für drei verschiedene Erkrankungen wurden in Europa erfolgreich Medikamente entwickelt. Seit 2012 gab es drei Zulassungen in. Bei allen drei Therapien wurden Adeno-assoziierte Viren (AAV) als Vektor benutzt, die das fehlenden Gen in Zellen einschleusen, wo dann anhand der auf dem Gen codierten Anleitung das fehlende Protein (z. B. Enzym oder Kanalprotein) hergestellt werden kann.
Hürden zur Entwicklung einer Gentherapie bei Mukoviszidose
Diese erfolgreiche Umsetzung der Gentherapie ist nicht einfach auf andere monogenetische Erkrankungen übertragbar. Für die Behandlung der Mukoviszidose ist die Gentherapie bereits in verschiedenen klinischen Studien untersucht worden, hat aber bislang noch keinen Durchbruch erzielt. Die Gründe: Das transportierte Gen darf nicht zu groß sein (das CFTR-Gen ist leider sehr groß), der Vektor muss Zellen gezielt ansteuern und da einbringen, wo das Gen gebraucht wird. Und der Vektor darf nicht vom Immunsystem bekämpft werden, um die Gentherapie auch wiederholt anwenden zu können, damit nachwachsende Zellen ebenso mit dem „Ersatz-Gen“ versorgt werden können. Auch dürfen weder Gen noch Virus Schaden an anderer Stelle im Genom anrichten. Alle diese Hürden stehen der Gentherapie bei Mukoviszidose (noch) im Weg. Es gibt daher andere gentherapeutische Ansätze, deren Ziel es ist, das defekte Gen nicht zu ersetzen, sondern zu reparieren.
Reparatur statt Gen-Ersatz?
Eine Arbeitsgruppe aus Utrecht (NL) hat nun im Labor systematisch untersucht, ob nicht auch die Korrektur des fehlerhaften CFTR-Gens an „Ort und Stelle“ möglich ist. Dafür müsste das entsprechende Werkzeug (Enzyme) mit einer Anleitung (kleines Stück CFTR-Gen) in die Zellen gebracht werden und diese Enzyme würden den Fehler im Genom reparieren. Allgemein spricht man bei diesen Ansätzen von Gene-Editing. Auch hier müssten natürlich geeignete Transportmittel gefunden werden, die die Werkzeuge in die richtigen Zellen bringen – aber das ist ebenfalls Gegenstand der Forschung in vielen Arbeitsgruppen weltweit.
CRISR/Cas9 zerschneidet Gene da, wo die Forscher es wollen
Die Werkzeuge für Genreparaturen hat man sich bei Bakterien abgeschaut, die über Proteinkomplexe (CRISPR/Cas) Gene nach vorgegebenen Sequenzmustern nur an ganz bestimmten Stellen schneiden und sich damit vor schädlichen Genen (z.B. von Viren) schützen. Molekularbiologen wussten schnell etwas mit diesen 2012 entdeckten CRISPR/Cas-Werkzeugen anzufangen: Das gezielte Ausschalten oder auch das Einfügen einzelner Gene wurde für die Forscher zum Kinderspiel. Die Erforschung von Genen und Verfügbarkeit von Krankheits-Modellen nahm seitdem rasant zu. Allerdings ist das bakterielle CRISPR/Cas-System noch etwas „schludrig“ was die Reparatur angeht, so dass für klinische Anwendungen dringend bessere CRISPR/Cas-Werkzeuge entwickelt werden müssen, die fehlerfrei und effizient arbeiten.
Gene-Editing Werkzeuge werden immer besser: Base-Editing und Prime-Editing
Inzwischen kann das CRISPR/Cas-System mehr als nur Durchschneiden: Von Prime-Editing sprechen die Forscher, wenn CRISPR/Cas nicht einfach das Gen an bestimmter Stelle durchtrennt, sondern gezielt eine gewünschte Sequenz neu schreibt. Die Vorlage (Primer) für die Abschrift kann beliebig sein und wird von den Forschern dem CRISPR/Cas-Proteinkomplex angehängt. Ein solches Werkzeug, so sagen die Forscher, könnte für 95% der bekannten CFTR-Mutationen entwickelt werden.
Von Base-Editing sprechen die Forscher, wenn der CRISPR/Cas-Proteinkomplex auf das Ersetzen bestimmter Bausteine (Basen) spezialisiert ist, was für ca. 30% der bekannten CFTR-Mutationen denkbar wäre, wenn diese Bausteine im Bereich der Mutation vorkommen. Das ist für die häufigste Mutation F508del nicht der Fall, d.h. hier käme nur Prime-Editing als Methode in Frage.
Beide Methoden können Fehler an der DNA im Zellkern beheben, wichtig ist allerdings, dass das sorgfältig und effizient geschieht und ohne Veränderung an anderer Stelle (off-target) im Genom.
Korrektur von F508del und R785X an Organoiden im Labor
Die Forscher aus Utrecht haben ein perfektes CF-Modell, um die Effizienz und den Erfolg von Gene-Editing systematisch zu untersuchen: Darmproben von CF-Patienten können im Reagenzglas zu Miniorganen (intestinale Organoide) herangezüchtet werden und über einen relativ einfachen Test (FIS ) hinsichtlich der CFTR-Funktion untersucht werden. Die Arbeitsgruppe aus Utrecht hat nun an Organoiden mit der F508del-Mutation und Organoiden mit der R785X-Mutation die jeweils möglichen Gene-Editing Methoden ausprobiert und hinsichtlich Effizienz und Zuverlässigkeit/Richtigkeit verglichen.
Gen-Korrektur direkt in der Zelle bei CF machbar
Insgesamt ist die Korrektur beider Mutationen machbar, die Wiederherstellung der Funktion des CFTR-Kanals konnte gezeigt werden. Dennoch ist die Effizienz noch relativ gering, da nur maximal 9% der Organoide (beim Prime-Editing sogar weniger) erfolgreich korrigiert werden konnten.
Veränderungen an anderer Stelle muss verhindert werden
Sequenzierungen bestätigten, dass die Korrektur an der gewünschten Stelle im CFTR-Gen durchgeführt wurde, ohne Defekte an anderen Stellen im Genom (off-target) zu verursachen, was ein enormer Erfolg ist und die Machbarkeit der Methode bestätigt. Die Sequenzierungen zeigten aber auch, dass in einzelnen Fällen an dem anderen CFTR-Allel (d.h. dem zweiten CFTR-Gen), Veränderungen aufgetreten sind, was natürlich bei einer klinischen Anwendung im Menschen unbedingt kontrolliert werden muss.
Vergleich der Methoden gibt erste Hinweise, mehr Untersuchungen notwendig
Insgesamt bringt die Arbeit die Forscher ein großes Stück weiter, die Machbarkeit der Genkorrektur in der Zelle ist gezeigt. Aus ihren Versuchen ziehen die Forscher sogar erste Hinweise, dass Base-Editing hinsichtlich Effizienz und Zuverlässigkeit dem Prime-Editing vorzuziehen ist – allerdings beruhen diese Erkenntnisse bislang noch auf relativ wenigen Untersuchungen.
Effizienz und Sicherheit müssen noch besser werden
Die Untersuchungen zeigen den Forschern, was weiterhin zu tun ist, wenn Gene-Editing eine klinische Anwendung erfahren soll: Die Effizienz muss gesteigert werden und die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Korrektur weiter untersucht werden. Veränderungen an anderen Stellen müssen unbedingt verhindert werden. Gelingt das nicht, so ist eine Anwendung im Patienten („in-vivo“) schwer vorstellbar.
Ex-vivo Anwendung: Genkorrektur außerhalb des Körper
Jedoch gibt es auch Ideen, die Werkzeuge des Gene-Editing ex-vivo anzuwenden, d.h. die Zellen außerhalb des Körpers zu korrigieren und nur vorher kontrollierte, also wirklich fehlerfreie Zellen zurückzuführen. Ex-vivo Gen-Therapien sind bereits zugelassen im Bereich der Krebstherapie, ß-Thalassämie (Bluterkrankheit) oder bei Immunerkrankungen. Dabei werden Blutvorläuferzellen oder Immunzellen außerhalb des Körpers genetisch verändert und dann dem Patienten intravenös verabreicht. Auch bei Mukoviszidose sind ex-vivo Ansätze zur Korrektur des CFTR-Defekts z. B. in Abwehrzellen denkbar. Dr. Antje Munder von der Medizinischen Hochschule Hannover arbeitet in einem von uns geförderten Projekt an einem solchen Ansatz.
Dr. Sylvia Hafkemeyer
Forschungsförderung und Registerstudien
Mukoviszidose Institut gemeinnützige Gesellschaft für Forschung und Therapieentwicklung mbH
Kontakt: SHafkemeyer(at)muko.info oder
+49 (0)228 98780-42
Quellen
Original-Publikation der Arbeitsgruppe aus Utrecht: M. H. Geurts et al; Evaluating CRISPR-based prime editing for cancer modeling and CFTR repair in organoids, Life Sci Alliance. 2021 Aug 9;doi: 10.26508/lsa.202000940.
Weitere Literatur: Kirschner J, Cathomen T: Gene therapy for monogenic inherited disorders—opportunities and challenges. Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 878–85. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0878
„EinBlick in die Forschung“ zu dem geförderten Projekt von Frau Dr. Munder
Artikel zur Gen-Therapie bei Mukoviszidose: Muko.Info 3/15: Gentherapie bei Mukoviszidose