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Bericht von der europäischen CF-Konferenz 2019 - 2

Mit einer Rekord-Teilnehmerzahl von 2.595 war die diesjährige Konferenz der europäischen Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF) Gesellschaft (ECFS) in Liverpool sehr gut besucht. Aus Deutschland waren 130 Teilnehmer gekommen. Wir haben die wichtigsten News aus Liverpool hier zusammengefasst.

Registerauswertungen

Auswertungen aus Mukoviszidose-Patienten-Registern, geben der epidemiologischen Mukoviszidose-Forschung derzeit einen enormen Aufschwung. Erkenntnisse der Register-Forschung sind wichtig, um die Versorgung von Mukoviszidose-Patienten zu verbessern und für die Zukunft aufzustellen. In Europa fließen Daten von über 48.000 Patienten aus 35 Ländern in das europäische Mukoviszidose-Patienten-Register (ECFS-PR), auch Daten aus dem deutschen Mukoviszidose-Register Muko.Web. Das ECFS-PR und auch Muko.Web stehen unter der Leitung von Dr. Lutz Nährlich aus Gießen. Andere große Mukoviszidose-Register gibt es in den USA, Kanada und auch Australien. Gespräche zur Harmonisierung der Datenerfassung auf globaler Ebene finden regelmäßig auf den ECFS Kongressen statt – schließlich möchte man die Daten verschiedener Mukoviszidose-Register durch internationale Registerauswertungen vergleichen und daraus Erkenntnisse zur Verbesserung der CF Versorgung ableiten können.

Anhand von Daten aus dem Mukoviszidose-Register aus dem vereinigten Königreich (UK) wurde gezeigt, dass Mukoviszidose-Patienten mit zwei F508del Mutationen hinsichtlich der mittleren Überlebenswahrscheinlichkeit und des durchschnittlichen Verlustes von Lungenfunktion vergleichbar sind mit den Patienten, die eine oder zwei „Nonsense-Mutationen“ haben (d. h. Mutationen, wo gar kein CFTR-Protein gebildet wird, wie z. B. Stopp-Mutationen). Demgegenüber stehen Mukoviszidose-Patienten, die nur eine F508del Mutation und dazu eine andere Mutation haben (d. h. 2. Mutation nicht „Nonsense-Mutation“ und auch nicht F508del) oder sogar zwei andere Mutationen haben. Diese Patienten haben eine längere Lebenserwartung. Diese Analysen helfen, die durchschnittliche Überlebenswahrscheinlichkeit für verschiedene Patientengruppen genauer berechnen zu können und auch besser voraus sagen zu können, wie viele CF-Patienten es in 10, 20 oder 30 Jahren geben wird.

Eine solche Analyse wurde für Europa bereits 2015 publiziert. Damals wurde anhand einer Analyse der Register von mehreren europäischen Ländern eine Zunahme der CF-Patienten bis 2025 von 50% vorausgesagt – vor allem der Anteil der erwachsenen Patienten wird, dieser Berechnung nach, steigen (bis 75%). Das ist eine wichtige Information, um die Versorgung von erwachsenen CF-Patienten für die Zukunft aufstellen zu können (Eur Respir J. 2015 Jul;46(1):133-41. doi: 10.1183/09031936.00196314. Epub 2015 Mar 18). Eine neue Methode der Simulation zu erwartender Patientenzahlen wurde anhand der Daten aus dem französischen Register vorgestellt. Bei dieser in dem Vortrag als „Microsimulation“ bezeichneten Berechnung wurden auch die Einflüsse der neuen Therapien berücksichtigt. Danach wurde für Frankreich eine zu erwartende Zunahme der Zahl der CF-Patienten sogar mit ca. 60% kalkuliert. Weitere Analysen für Europa sind in Arbeit.

Registerdaten bieten vielfältige Möglichkeiten, Daten von verschiedenen Patientengruppen zu vergleichen und Zusammenhänge sichtbar zu machen. Gerade in den Zeiten der neuen Modulatoren sind sogenannte „Real World Data“ interessant um zu prüfen, ob die neuen Medikamente auch im wirklichen Leben die klinischen Effekte zeigen und nicht nur an ausgewählten Patienten in klinischen Studien. In sogenannten Pharmakovigilanz-Studien (PASS) wird anhand von Registerdaten die Sicherheit der Medikamente nach Zulassung beobachtet. Dabei wird das Augenmerk vor allem auf mögliche Nebenwirkungen gelegt.

Mukoviszidose und soziale Ungleichheit - Auswertungen aus dem UK-Register

Mukoviszidose-Patienten, die in sozioökonomisch benachteiligten Regionen leben, haben ein erhöhtes Sterberisiko im Vergleich zu Patienten aus weniger benachteiligten Regionen. Dies zeigen Ergebnisse verschiedener Auswertungen aus dem Mukoviszidose-Register des vereinigten Königreichs (UK). Auch Wachstum und Lungenfunktion sind bei Kindern aus sozial benachteiligten Regionen schlechter. Die Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose und zielgerichteten Interventionen, um die negativen Auswirkungen für diese Patientengruppe zu verringern.  

Zwischen dem sozioökonomischen Status von Patienten mit Mukoviszidose und ihrer Überlebenswahrscheinlichkeit gibt es einen engen Zusammenhang. So zeigen Auswertungen aus dem britischen Mukoviszidose-Register, dass die Sterblichkeit in Regionen mit der höchsten Benachteiligung 40% höher ist als in nur gering benachteiligten Regionen.

Soziale Ungleichheiten bestehen bis ins Erwachsenenalter

Vorangegangene Auswertungen der Registerdaten hatten bereits den Einfluss des sozioökonomischen Status auf den Gesundheitszustand von CF-Patienten aufgezeigt. Kinder mit Mukoviszidose aus den am stärksten benachteiligten Regionen haben in den ersten Lebensjahren nach der Diagnose ein geringeres Gewicht, eine geringere Größe und einen niedrigeren BMI, häufiger eine chronische Pseudomonas-aeruginosa-Infektion und einen niedrigeren FEV1%-Wert als Kinder in nur gering benachteiligten Regionen. Diese sozialen Ungleichheiten bestehen bis ins Erwachsenenalter, weiten sich jedoch nicht weiter aus.

Intravenöse Antibiotika-Therapie häufig stationär

Faktoren wie Bildung und Einkommen, die u.a. für den sozioökonomischen Status relevant sind, beeinflussen auch den Zugang von Patienten zu Versorgungsleistungen. Die Auswertungen aus dem britischen Mukoviszidose-Register zeigen dies in zweierlei Hinsicht: So erhalten auf der einen Seite eher Patienten in wohlhabenderen Regionen Dornase alfa (DNase) und inhalative Antibiotika-Therapie als in benachteiligten Regionen. Andererseits ist es doppelt so wahrscheinlich, dass Kinder in Regionen mit der höchsten Benachteiligung eine intravenöse Antibiotika-Therapie, insbesondere im Krankenhaus, und Ernährungsunterstützung erhalten im Vergleich zu Kindern aus gering benachteiligten Regionen. Dies ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass Ärzte bei dieser Patientengruppe Schwierigkeiten bei der Durchführung von Behandlungen im häuslichen Umfeld annehmen.

Auswertung sozioökonomischer Daten aus deutschem Mukoviszidose-Register geplant

Die vorgestellten Ergebnisse weisen zusammenfassend auf die Bedeutung regionaler bzw. sozioökonomischer Faktoren in Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand und der Überlebenswahrscheinlichkeit von Patienten mit Mukoviszidose hin.
Es ist geplant, auch aus Daten des deutschen Mukoviszidose-Registers Analysen zum Einfluss sozioökonomischen Faktoren auf den Gesundheitszustand von Patienten vorzunehmen. Durch verlässliche Daten und Analysen können dann in einem nächsten Schritt, zielgerichtete Maßnahmen abgeleitet werden, um mögliche Auswirkungen sozialer Benachteiligung zu reduzieren und somit zunehmend die Fortschritte in der Therapie von Mukoviszidose allen Patienten gleichermaßen zugänglich zu machen.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Dr. Sylvia Hafkemeyer (SHafkemeyer(at)muko.info) oder Katharina Heuing (KHeuing(at)muko.info).


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