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Ivacaftor (Kalydeco®; VX-770) in Deutschland zugelassen

Seit dem 15.8.2012 ist mit Ivacaftor (Kalydeco®) erstmals in Deutschland ein ursächlich wirksames Medikament gegen Mukoviszidose (CF) auf dem Markt. Allerdings wirkt Ivacaftor nur bei CF-Patienten mit dem seltenen G551D Gendefekt (Mutation). Nur bei ca. 2% der deutschen CF-Patienten ist diese Mutation nachgewiesen.

Ivacaftor aktiviert die CFTR-Kanal-Funktion
Ursächlich für die Mukoviszidose ist der nicht funktionierende Salzkanal CFTR. Durch diesen Defekt entsteht ein Ungleichgewicht im Salz-Wasser-Haushalt des Körpers; es bildet sich Schleim, der Organe wie die Lunge oder die Bauchspeicheldrüse verstopft. Bei Patienten mit der G551D Mutation wird der CFTR-Kanal zwar gebildet, öffnet sich aber nicht richtig und lässt das Salz nicht durchfließen. Ivacaftor sorgt nun dafür, dass sich der Kanal häufiger öffnen kann. Das Salz fließt wieder und so strömt Wasser nach und der Schleim wird flüssig. Ivacaftor aktiviert also den Kanal und wird deshalb auch als Potenziator bezeichnet. Ivacaftor wirkt aber leider nicht bei den meisten anderen CFTR-Mutationen. Denn bei anderen Mutationen wie z.B. der häufigen F508del Mutation wird der CFTR-Kanal fast gar nicht gebildet. Es ist also nichts da, was man mit Ivacaftor aktivieren könnte. Man versucht aber bereits mit so genannten Korrektor-Substanzen die Bildung des CFTR-Kanals auch bei diesen häufigen Mutationen anzuregen.


In Studien wurde die Lungenfunktion mit Ivacaftor um 10% verbessert
Das Pharmaunternehmen Vertex hat mit finanzieller Unterstützung der amerikanischen CF-Patientenorganisation CFF in den letzten 6 Jahren Studien durchgeführt, die die Wirksamkeit und Sicherheit des neuen Arzneistoffs zeigen konnten (wir berichteten). In diesen Studien wurde gezeigt, dass sich die Lungenfunktion unter Einnahme von Ivacaftor nach 24 Wochen um durchschnittlich 10% verbesserte. Auch eine Gewichtszunahme konnte beobachtet werden. Laut Patientenberichten tritt bereits nach zwei Wochen eine spürbare Wirkung ein. Ivacaftor ist ein Arzneimittel in Tablettenform, das zweimal täglich (alle 12 Stunden) mit fetthaltigen Lebensmitteln (z.B. ein Glas Vollmilch) eingenommen wird. Auf Grapefruit und Bitterorangen sollten die Patienten, die Ivacaftor einnehmen, allerdings verzichten, da diese Früchte Substanzen enthalten, die den Abbau des Medikaments im Körper beeinflussen. Dadurch könnten unerwünschte Nebenwirkungen entstehen.

Ivacaftor kann bei Patienten ab 6 Jahren mit G551D Mutation verordnet werden.

Ivacaftor kann in Deutschland vom CF-Arzt für Patienten ab 6 Jahren mit mindestens einer G551D Mutation zurzeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet werden. Dabei muss von Fall zu Fall individuell entschieden werden, denn nicht für jeden Patienten mit G551D Mutation ist das Medikament gleich gut geeignet. Man sollte auch bedenken, dass über die Langzeitwirkungen naturgemäß bei einem neuen Medikament noch wenig bekannt ist. Die längsten Studien mit Ivacaftor liefen über einen Zeitraum von 2 Jahren. Ob vielleicht nach längerer Einnahme noch neue Nebenwirkungen auftreten können oder das Medikament auf andere Organe wirkt oder die Wirksamkeit irgendwann nachlässt, ist derzeit noch offen. Natürlich stellt Ivacaftor auf der anderen Seite eine große Chance dar. CF-Patienten mit einer G551D Mutation sollten sich deshalb mit ihrem CF-Arzt beraten, ob das Medikament für sie in Frage kommt.


Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen derzeit die Kosten für Ivacaftor
Ein neues Gesetz, das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG), regelt die Einführung neuer Arzneistoffe in Deutschland so, dass im ersten Jahr nach der Einführung die gesetzlichen Krankenkassen die Erstattung der Kosten übernehmen. In dem ersten Jahr wird auch eine Nutzenbewertung des neuen Medikamentes vorgenommen. Auf dieser Grundlage erfolgt schließlich eine Verhandlung zwischen den Krankenkassen und dem Pharmaunternehmen über die Preisgestaltung nach Ablauf des ersten Jahres. Der Mukoviszidose e.V. setzt sich als Patientenvertretung in diesem Prozess für die Belange der Betroffenen ein. Entsprechend werden wir auch weiterhin berichten, falls sich an der Erstattungssituation etwas ändern sollte.


Welche Mutation bei Mukoviszidose vorliegt ist heute entscheidend für die Therapie
Wer als Patient die bei ihm oder ihr vorliegenden Mutationen nicht kennt, sollte unbedingt beim behandelnden Arzt nachfragen und die Untersuchung ggf. machen lassen. Dafür ist lediglich eine Blutprobe erforderlich, die in einem genetischen Labor untersucht wird. Das Wissen um die Mutation ist die Voraussetzung für die Behandlung mit mutationsspezifischen Therapien wie Ivacaftor. Weitere mutationsspezifische Therapien sind in der Entwicklung. Für Patienten, die zwei F508del Mutationen haben, wird derzeit z.B. eine Kombination eines möglichen neuen Medikamentes (VX-809) mit Ivacaftor in klinischen Studien untersucht. Im nächsten Jahr sollen die Studien, die die Voraussetzung für eine Zulassung sind, beginnen.


Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Frau Dr. Jutta Bend (jbend@muko.info).

In diesem Beitrag werden Wirkungen bzw. Nebenwirkungen eines Arzneimittels besprochen. Der Handelsname wird genannt, wenn eine eindeutige Identifizierung erforderlich ist, um ein Arzneimittel mit einer spezifischen Darreichungsform zu bezeichnen. Diese Informationen werden durch das Mukoviszidose-Institut ohne den Einfluss Dritter nach bestem Wissen und Gewissen bereitgestellt. In keinem Fall ist damit eine Empfehlung für den Gebrauch oder Nichtgebrauch eines Arzneimittels verbunden. Patienten sollten vielmehr mit ihrem/ihrer Arzt/Ärztin die für sie individuell richtige Therapie besprechen.


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