Einzelansicht

Makrophagen in der Lunge sollen mit Nanopartikeln beliefert werden

In einem 2018 vom Mukoviszidose e.V. geförderten Forschungsprojekt an der Universität des Saarlandes ist es gelungen, einen Weg zu finden, um Makrophagen der Lunge mit Nanopartikeln zu beliefern, die die Entzündung des Lungengewebes regulieren sollen.

Eine wesentliche Problematik bei Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF) ist die chronische Entzündung des Lungengewebes. Sie geht u.a. auf eine Fehlregulierung der Immunantwort zurück und wird durch Infektionen mit Bakterien und Viren zusätzlich getriggert. 

Makrophagen: Schlüsselrolle im Entzündungsprozess

Makrophagen sind eine der ersten Immunzellen, die im Geschehen einer Entzündung Signalstoffe abgeben, um die Entzündung anzufeuern. Sie vermitteln nicht nur eine gezielte Immunantwort gegen Eindringlinge, sie sind auch an deren Vernichtung beteiligt, indem sie als sogenannte Fresszellen Fremdstoffe aufnehmen (phagozytieren). Die Aktivität der Makrophagen kann aber die Entzündung auch übermäßig antreiben und gerade bei Krankheiten wie der Mukoviszidose zu überschießenden Immunreaktionen führen, die das Lungengewebe schädigen. Ähnliche Vorgänge können auch durch Viruserkrankungen ausgelöst werden, wie z.B. auch von SARS-CoV-2-Viren berichtet wurde („Zytokin-Sturm“). 

Gezielte Regulation der Entzündungsreaktion

Die Möglichkeiten, das Immunsystem spezifisch zu beeinflussen, sind bislang gering. Durch Medikamente wie beispielsweise Kortikosteroide kann zwar die Immunreaktion im Ganzen gedrosselt werden, dies geschieht aber unspezifisch und mit entsprechenden Nebenwirkungen. Es wird daher nach molekularen technischen Methoden gesucht, um eine gezielte Beeinflussung einzelner Immunzellen oder immunologischer Vorgänge zu erreichen. Makrophagen stellen bei CF ein besonderes Ziel dar, da sie früh in der Entstehung einer Entzündung involviert sind. 

Nanopartikel sind nicht nur klein

Die Saarbrücker Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Marc Schneider hat das Ziel, kleine Hemmstoffe in die Makrophagen zu transportieren, sogenannte siRNA. Diese siRNA bindet in der Zelle an Strukturen der zelleigenen RNA und hemmt so deren Verarbeitung zu einem Protein. Dadurch können Proteine wie beispielsweise TNF-alpha, wenn sie das Immungeschehen zu stark anfeuern, geblockt werden. Der Transport der siRNA in die Zelle erfolgt durch Nanopartikel. 

Beim Transport von siRNA in eine Zelle sind aber auch viele verschiedene biochemische und molekularbiologische Prozesse zu beachten, beispielsweise elektrochemische Ladungen von Molekülen an der Zelloberfläche, die ein Nanopartikel abstoßen, oder Substanzen in der Zellumgebung, die die siRNA oder Nanopartikel zerstören. Die Partikel müssen klein genug sein, um in die Zelle aufgenommen werden zu können, aber auch groß genug, um Substanzen transportieren zu können. Zusätzlich müssen im Fall der Mukoviszidose die aerodynamischen Eigenschaften der Nanopartikel stimmen, um sie durch Inhalation direkt in die Lunge zu bringen.

Nanopartikel vielseitig einsetzbar

Der Arbeitsgruppe gelang es, Nanopartikel als Wirkstoffträgersystem zu entwickeln, deren aerodynamische Eigenschaften einen Inhalationsprozess erlauben und konnten zeigen, dass Makrophagen in Zellkultur die Nanopartikel tatsächlich aufnehmen (Fischer et al. 2021). Die Nanopartikel können nun mit Substanzen beladen werden, beispielsweise mit siRNA gegen TNF-alpha für die Regulierung der CF-Immunantwort. Das Verfahren kann aber nicht nur für antientzündliche Therapien bei Mukoviszidose verwendet werden, sondern auch in der Therapie anderer überschießender Immunreaktionen wie beispielsweise bei der Covid-19-Erkrankung. Die Anwendung am Menschen ist jedoch noch nicht untersucht, bei Versuchen mit Epithelzellen im Labor zeigte sich aber kein toxischer Effekt.

Nanopartikel werden heutzutage an vielen Stellen in der Medizin erforscht und verwendet, beispielsweise bei dem mRNA-Impfstoff gegen SARS-CoV-2, aber auch in ersten Experimenten zur zielgenauen Anwendung von Antibiotika. Hier konnte jüngst ein Nanopartikel entwickelt werden, das Tobramycin effektiver durch den Biofilm der Pseudomonas-Bakterien bringt, ohne jedoch die Lungenepithelzellen durchdringen zu können (Thorn et al. 2021). Auch von der Beladung von Nanopartikeln mit Ciprofloxacin wurde berichtet (Juntke et al. 2021). Damit könnten zukünftig möglicherweise geringere Dosen des Antibiotikums mit einem besseren Therapieeffekt verabreicht werden. Auch hier stehen Untersuchungen am Menschen aber noch aus. 

Zitierte Fachartikel

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Dr. Uta Düesberg (udueesberg(at)muko.info)., 26.05.2021 


Bitte unterstützen
Sie uns
35€ 70€ 100€
Jetzt spenden