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Medikamentenentwicklung zur Wiederherstellung der CFTR-Kanal-Funktion

Ergebnisse auf Nordamerikanischem CF-Kongress vorgestellt

CFTR-Modulatoren sind Medikamente, die die fehlerhafte Funktion des so genannten CFTR-Kanals zumindest teilweise beheben sollen. Damit greifen diese Medikamente an dem der Mukoviszidose (CF) zugrundeliegenden Problem an. Mit Kalydeco (Ivacaftor) und Orkambi (Ivacaftor/Lumacaftor) sind inzwischen erste derartige Medikamente in Deutschland zugelassen und können durch den Arzt verschrieben werden. Allerdings kann so bislang nur wenigen Patienten mit Mukoviszidose geholfen werden und auch der Effekt bleibt z.T. noch hinter den Erwartungen zurück. Weitere Forschungsansätze für eine noch bessere Wiederherstellung der CFTR-Kanal-Funktion werden deshalb mit Hochdruck verfolgt. Anlässlich des Nordamerikanischen CF-Kongresses, der vom 27. bis 29. Oktober 2016 in Orlando (USA) stattfand, wurden einige neue Studienergebnisse bekannt gegeben.

QR-010 (ProQR): Dr. JP Clancy stellte erste Ergebnisse aus der Phase 1-Studie zur Wirkung von QR-010 auf die nasale Potentialdifferenz bei Patienten mit F508del vor. Die F508del-Mutation ist die häufigste Mukoviszidose verursachende Genveränderung des CFTR-Kanals. Die nasale Potentialdifferenz wird in der Nase der Patienten gemessen und ist ein direktes Messinstrument für die Kanalfunktion. Bei Patienten mit zwei F508del-Mutationen zeigte die Studie eine Veränderung hin zur Normalisierung der Kanalfunktion; bei Patienten mit nur einer Kopie der F508del-Mutation konnte dieser Effekt jedoch nicht nachgewiesen werden. Grundsätzlich sind diese Ergebnisse ein Beleg dafür, dass der angenommene Mechanismus funktioniert. Das Medikament kann deshalb weiter entwickelt werden. U.a. in Deutschland laufen derzeit bereits Phase 1b-Studien mit QR-010. QR-010 wirkt – anders als die klassischen CFTR-Modulatoren –-nicht am CFTR-Kanal selbst, sondern an einer Vorstufe, der RNA. Durch eine „Reparatur“ in diesem frühen Stadium könnte in einem Schritt ein funktionaler CFTR-Kanal entstehen. Ob und wie deutlich das Mittel bei Patienten wirken könnte, ist aber derzeit noch nicht absehbar.

Galapagos: In vier Vorträgen wurden neue Erkenntnisse bezüglich der Entwicklung einer Kombinationstherapie durch das pharmazeutische Unternehmen Galapagos vorgestellt. Galapagos möchte dabei nach eigenen Angaben in einer Allianz mit AbbVie eine Dreifachkombination entwickeln, die 90% der Patienten mit CF helfen könnte kann. Für alle drei Komponenten untersucht Galapagos derzeit verschiedene Kandidaten. AbbVie soll dann ab der klinischen Phase 3 übernehmen. Für die Therapie sollen ein Potenziator und zwei Korrektoren (C1 und C2) mit unterschiedlichen Angriffspunkten kombiniert werden. Für das bereits zugelassene Orkambi wurde ein Korrektor mit einem Potenziator kombiniert. Potenziatoren aktivieren den CFTR-Kanal. Sie können aber nur wirken, wenn grundsätzlich ein CFTR-Kanal vorhanden ist, der lediglich nicht richtig funktioniert. Da dies nur bei einem ganz geringen Teil der Patienten(ca. 5%) der Fall ist, reicht also die Gabe eines Potenziators alleine noch nicht. Ein Korrektor ist notwendig, der dafür sorgt, dass eine ausreichende Menge des CFTR-Kanals überhaupt erst einmal gebildet wird. Dessen Aktivität kann dann durch den Potenziator gesteigert werden. Galapagos teilt mit, dass schon Ende 2017 erste klinische Studien bei Patienten mit F508del-Mutation mit einer Dreifachkombination geplant sind.
Die aktuell untersuchten Potenziatoren/ Korrektoren von Galapagos:
Potenziatoren: GLPG1837 (Phase 2); GLPG2451 (Phase 1); GLPG3067 (präklinisch)
Korrektoren: C1: GLPG2222 (Phase 1); GLPG2851 (präklinisch) und C2:GLPG2737 (präklinisch)

Vertex stellte in Orlando u.a. Langzeitdaten für die bereits zugelassenen CFTR-Modulatoren Orkambi und Kalydeco vor, die zeigen, dass mit diesen Modulatoren dem Fortschreiten der Erkrankung entgegengewirkt wird. Bei einem Vergleich mit Patienten aus dem amerikanischen Register zeigte sich bei Patienten ohne Orkambi eine jährliche Verschlechterung der Lungenfunktion um 2,29%, während sich die Lungenfunktion bei Patienten, die Orkambi nahmen, nur um 1,33% pro Jahr verschlechterten. Wie bereits in den klinischen Studien traten bei einem Fünftel der Patienten potentielle Nebenwirkungen auf, u.a. akute Verschlechterung der Lungenerkrankung, Husten, vermehrte Sputumproduktion, Bluthusten und Atemnot. Es wurde eine Erhöhung der Blutdruckwerte von im Mittel 113.4/68.7 auf 118.0/72.8 nach 96 Wochen gefunden.
Bereits im Sommer diesen Jahres hatte Vertex bekannt gegeben, dass beim Studienprogramm zur Entwicklung des neuen Korrektors Tezacaftor (VX-661) in Kombination mit Ivacaftor die Studie bei Patienten mit nur einer F508del-Mutation (andere Mutation ohne Restfunktion) aufgrund der nicht ausreichenden Wirksamkeit nicht weiter geführt wird. Die ersten Studienergebnisse des gesamten Programms sollen laut Vertex im ersten Halbjahr 2017 vorliegen und auch ein Zulassungsantrag soll Ende 2017 – natürlich abhängig von den Studienergebnissen – in den USA gestellt werden. Klinische Phase 2-Studien mit Dreifachkombinationen aus Ivacaftor, Tezacaftor und Korrektoren der nächsten Generation (VX-440 und VX-152) sollen Ende 2016 anlaufen. Diese werden u.a. auch wieder bei Patienten mit nur einer F508del-Mutation untersucht werden. Außerdem hat Vertex angekündigt, mit einem weiteren Korrektor der nächsten Generation (VX-659) noch 2016 in die Phase 1 einsteigen zu wollen.

Es sind noch weitere CFTR-Modulatoren in unterschiedlichen Phasen der Entwicklung, z.B. Ataluren von PTC Therapeutics, Riociguat von Bayer oder QBW251 von Novartis. Es lässt sich derzeit noch nicht abschätzen, welche der genannten Substanzen sich als wirksam und sicher erweisen und bis zur Markteinführung weiter entwickelt werden, um damit schließlich den Patienten zu nutzen.

Weitere Informationen:

Allgemeine Informationen zu klinischen Studien

Von ProQR dargestellte Ergebnisse

Von Galapagos vorgestellte Ergebnisse (englisch)

Pressemitteilungen von Vertex (englisch)

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Dr. Jutta Bend (jbend@muko.info)

In diesem Beitrag werden Wirkungen bzw. Nebenwirkungen von Arzneimitteln besprochen. Handelsnamen werden genannt, wenn eine eindeutige Identifizierung erforderlich ist, um ein Arzneimittel mit einer spezifischen Darreichungsform zu bezeichnen. Diese Informationen werden durch das Mukoviszidose-Institut ohne den Einfluss Dritter nach bestem Wissen und Gewissen bereitgestellt. In keinem Fall ist damit eine Empfehlung für den Gebrauch oder Nichtgebrauch eines Arzneimittels verbunden. Patienten sollten vielmehr mit ihrem/ihrer Arzt/Ärztin die für sie individuell richtige Therapie besprechen.


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