Automatisierte Substanz-Screenings liefern Unmengen an Daten
Viele molekularbiologische Methoden sind inzwischen zur Routine geworden, so dass wissenschaftliche Experimente heutzutage zahlreiche Daten in kurzer Zeit liefern. Substanz-Screenings sind damit nicht mehr so personal- und zeitintensiv, längst pipettieren Roboterarme und schieben Proben in Geräte für den automatisierten Ausleseprozess. Es gibt heutzutage Firmen, die sich als Dienstleister auf Substanz-Screenings spezialisiert haben und über Substanz-Bibliotheken verfügen, um in kurzer Zeit Tausende oder sogar Millionen von Substanzen auf eine bestimmte Wirkung zu testen. Aber auch viele universitäre Arbeitsgruppen weltweit suchen und testen Substanzen, um Erkrankungen wie Mukoviszidose behandelbar zu machen.
Datenbank CandActCFTR trägt Daten aus Substanz-Screenings zusammen
Einen Durchblick zu erlangen was bereits getestet wurde und mit welchem Ergebnis oder auch das Vergleichen von Daten aus verschiedenen Ansätzen, ist für den einzelnen Forscher fast nicht mehr möglich, denn das würde bedeuten, hunderte von Fachpublikationen zu kennen und deren Inhalte zu verknüpfen. Ein von der DFG gefördertes Projekt unter Leitung von Dr. Manuel Nietert aus Göttingen und PD Dr. Frauke Stanke aus Hannover bietet Abhilfe: Am Beispiel der Mukoviszidose-Forschung wurden Daten aus verschiedenen Quellen, die hinsichtlich der CFTR-Funktion untersucht wurden, in der Datenbank CandActCFTR zusammengetragen und für Recherchen aufbereitet. Schnittstellen zu Chemie-Datenbanken erlauben Verknüpfungen zu weiteren Informationen, z. B. zur chemischen Struktur und möglichen Synonymen – die Liste der verschiedenen Namen für die gleiche Substanz ist dabei meist überraschend lang. CandActCFTR enthält aktuell Daten zu 3.114 verschiedenen chemischen Substanzen (und 268.914 Synonymen) aus 111 einzelnen Fachpublikationen. Und das ist erst der Anfang, denn die Arbeitsgruppe um Dr. Manuel Nietert arbeitet daran, die Datenbank kontinuierlich zu ergänzen, entsprechende Kooperationen entstehen derzeit (Interesse? Kontakt: CandActCFTR(at)medizin.uni-goettingen.de).
Auch vermeintlich nutzlose Daten zu Substanzen, die keinen Effekt auf den CFTR-Kanal haben, sind dabei wertvoll für die CF-Forschungs-Community. Nur so können unnötige Mehrfachtestungen verhindert werden oder auch ein weiterer Puzzlestein zum besseren Verständnis der Mechanismen einer CFTR-Aktivierung gewonnen werden.
Die Datenbank ist frei zugänglich und eine Fachpublikation zu der CandActCFTR-Datenbank liegt inzwischen vor (siehe unten).
Projektziel ist die Identifikation von CFTR-modulierenden Wirkstoffkombinationen
Der Aufbau der CandActCFTR-Datenbank ist Mittel zum Zweck. Das Ziel des Projekts ist die Identifizierung von Substanzen, die alleine oder in Kombination das CFTR-Protein aktivieren können. Um dieses Projektziel zu erreichen, ist es wichtig, Informationen zur Wirkungsweise von Substanzen zu kennen – schließlich ist der Weg vom CFTR-Gen bis zum fertigen CFTR-Kanal in der Zellmembran lang und bietet verschiedene Stellen für einen therapeutischen Angriffspunkt.
Liza Vinhoven (Göttingen) hat das aktuelle Wissen über den Lebenszyklus des CFTR-Proteins in einem computerlesbaren Modell zusammengetragen. Das Modell ist als Software-Tool unter dem Namen CFTR Lifecycle Map wissenschaftlich publiziert (siehe unten) und steht allen Forschern frei zur Verfügung. Aktuell sind 170 verschiedene Stellen auf molekularer Ebene beschrieben, für die CF-relevante Reaktionen/therapeutische Eingriffe in den dafür ausgewerteten 221 wissenschaftlichen Publikationen beschrieben sind. Auch hier gilt, dass die Aussagekraft des Modells mit der Zahl der eingespeisten Daten steigt. Ergänzungen werden kontinuierlich vorgenommen.
Das Projekt CandActCFTR soll mit der Datenbank und der Life Cycle Map helfen, CFTR-Substanz-Screening-Daten zusammenzutragen und zelluläre Reaktionen vom Gen bis zum funktionierenden CFTR-Kanal sichtbar zu machen. Beide Tools sollen zukünftig helfen, Kombinationen von CFTR-Modulatoren zu identifizieren, mit denen Fehler an verschiedenen Stellen auf dem Weg der CFTR-Herstellung – je nach Mutation – medikamentös behandelt werden können.
Quellen:
- Nietert M.; Vinhoven L.; Auer F.; Hafkemeyer S.; Stanke F.:Comprehensive analysis of chemical structures that have been tested as CFTR activating substances in a publicly available database CandActCFTR, Frontiers in Pharmacology,2021. https://doi.org/10.3389/fphar.2021.689205
- Vinhoven L.; Stanke F.; Hafkemeyer S.; Nietert M.M.: CFTR Lifecycle Map—A Systems Medicine Model of CFTR Maturation to Predict Possible Active Compound Combinations. Int. J. Mol. Sci. 2021, 22(14), 7590.
- Vinhoven L.; Voskamp M.; Nietert M.M.: Mapping Compound Databases to Disease Maps—A MINERVA Plugin for CandActBase. J. Pers. Med. 2021, 11, 1072.
Das CandActCFTR-Projekt wird durch die DFG gefördert.
Das Chemiedaten/Literaturdatenbank-Projekt ist auch für andere Anwendungen interessant (d. h. generischer Ansatz). Für CandActBASE gibt es ein kurzes Erklärvideo auf Deutsch und Englisch.
Kontakt
Dr. Sylvia Hafkemeyer
Mukoviszidose Institut gGmbH
Telefon: 0228-98780-42
E-Mail: SHafkemeyer(at)muko.info