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Rad am Ring 2023

Die vier Finalisten vom Team "Just breathe" nach ihrem erfolgreichen Rennen bei Rad am Ring.

Die vier Finalisten vom Team "Just breathe" nach ihrem erfolgreichen Rennen bei Rad am Ring.

Viel Glück - vor dem Start des großen Rennens noch ein schnelller Händedruck.

Viel Glück - vor dem Start des großen Rennens noch ein schnelller Händedruck.

Noah beim Interview - der Bayerische Rundfunk berichtet über das Team "Just breathe".

Noah beim Interview - der Bayerische Rundfunk berichtet über das Team "Just breathe".

Reiner und Noah stärken sich in einer Rennpause.

Reiner und Noah stärken sich in einer Rennpause.

"Just breathe" - stolz tragen die Fahrer ihr Trikot.

"Just breathe" - stolz tragen die Fahrer ihr Trikot.

Konzentrierte Aufmerksamkeit - der Blick zur Ziellinie.

Konzentrierte Aufmerksamkeit - der Blick zur Ziellinie.

Stolzer Finisher: Noah. Foto: Lindner/BR.

Stolzer Finisher: Noah. Foto: Lindner/BR.

Stolzer Finisher: Reiner. Foto: Lindner/BR.

Stolzer Finisher: Reiner. Foto: Lindner/BR.

Reiner Heske, CF und lungentransplantiert, berichtet hier von der neuen sportlichen Meisterleistung, die er zusammen mit drei Teamkollegen vollbracht hat – der Teilnahme beim 24-Stunden-Rennen bei Rad am Ring am Nürburgring. Im zweiten Teil des Textes noch eine andere Perspektive auf das Radrennen des Teams: Frank Findeiß, Noahs Vater, hat die vier Fahrer vor Ort begleitet, sie angefeuert und 24 Stunden mitgefiebert und berichtet hier aus Zuschauersicht über das spektakuläre Ereignis.
Die vier Finalisten vom Team "Just breathe" nach ihrem erfolgreichen Rennen bei Rad am Ring.

Die vier Finalisten vom Team "Just breathe" nach ihrem erfolgreichen Rennen bei Rad am Ring.

Viel Glück - vor dem Start des großen Rennens noch ein schnelller Händedruck.

Viel Glück - vor dem Start des großen Rennens noch ein schnelller Händedruck.

Noah beim Interview - der Bayerische Rundfunk berichtet über das Team "Just breathe".

Noah beim Interview - der Bayerische Rundfunk berichtet über das Team "Just breathe".

Reiner und Noah stärken sich in einer Rennpause.

Reiner und Noah stärken sich in einer Rennpause.

"Just breathe" - stolz tragen die Fahrer ihr Trikot.

"Just breathe" - stolz tragen die Fahrer ihr Trikot.

Konzentrierte Aufmerksamkeit - der Blick zur Ziellinie.

Konzentrierte Aufmerksamkeit - der Blick zur Ziellinie.

Stolzer Finisher: Noah. Foto: Lindner/BR.

Stolzer Finisher: Noah. Foto: Lindner/BR.

Stolzer Finisher: Reiner. Foto: Lindner/BR.

Stolzer Finisher: Reiner. Foto: Lindner/BR.

„Ein unvergessliches, verrücktes Wochenende liegt hinter uns. Als 4er Team starteten wir beim legendären „Rad am Ring“ Rennen auf dem Nürburgring. Teamkollege Thomas konnte leider wegen Krankheit nicht teilnehmen. Gute Besserung an dieser Stelle! Drei von uns haben Mukoviszidose und ich bin zudem lungentransplantiert.

Den Teamnamen „Just breathe“ (einfach Atmen) haben wir ausgewählt, weil er auf die aktuelle Mukoviszidose-Situation und natürlich auf meine eigene Geschichte passt. Viele Mukoviszidose-Patienten profitieren von den neuen CFTR-Modulatoren, die es seit einigen Jahren gibt und die am CFTR-Kanal wirken. So auch Noah und Raphael, die jetzt weniger Sekret haben und etwas besser Luft bekommen.

Vor meiner Transplantation 2012 hatte ich nur noch 20% Lungenfunktion und war auf zusätzliche Sauerstoffversorgung angewiesen. Heute habe ich etwa 110 % Lungenfunktion und bekomme völlig normal Luft. Das freie Schnaufen am Berg bereitet mir sogar Freude. Die vielen Medikamente beeinflussen das Training und den Sport aber generell eher negativ. Cortison und Immunsuppression erschweren den Muskelaufbau deutlich.

Der erste Tag des Rennens

Start war für uns am Samstag um 12:56 Uhr. Beim Fahren wechselten wir tagsüber nach jeder Runde. Nachts fuhr jeder zwei Runden, um die Ruhephasen etwas zu verlängern. Die größte Überraschung war unser Noah Glasstetter. Er fuhr in seiner 1. Runde eine Rundenzeit von 44:53 (Runde 26km/560 Hm) ähnlich der Profi-Teams. In der zweiten Runde stürzte er, zwei Vorderrad-Speichen brachen und er verletzte sich am Knie, konnte sein Rennen aber fortsetzen.

Ich für meinen Teil erreichte, was ich mir vorgenommen hatte, und steuerte fünf Runden (129,5 km/2890 Hm) zum Gesamtergebnis bei.
An schlafen war vor lauter Krach und flatterndem Pavillons nicht zu denken, aber das Liegen in der Waagerechten an sich wurde von Runde zu Runde wichtiger. Viel essen, zuführen von Mineralien und Kohlenhydraten, war ebenfalls wichtig.

Raphael Stiefvater fuhr ebenfalls fünf Runden, für wurden Noah vier Runden angerechnet (wegen des Unfalls) und Lucas (Ersatzfahrer für Thomas), völlig unvorbereitet für dieses Rennen, unterstützte uns mit weiteren zwei wichtigen Runden.

Turbulentes Wetter machte die Fahrt zum Abenteuer

Windgeschwindigkeiten mit 40 - 60km/h am Sonntag machten die Bergab-Passagen mit Fahrgeschwindigkeiten von über 80 km/h zu einem echten Abenteuer. Die Strecke ging ca. 9,5 km wellig bergab und ca.16 km wellig bis steil bergauf mit Steigungen bis 17% an der "hohen Acht".
Auf der Dettinger Höhe gab es dann 24 Stunden über ca. 3 km permanent steifen Gegenwind, der uns einiges abverlangte. Begleitet wurden wir von einem Fernsehteam des BR.

Unser Anliegen: Auf Mukoviszidose und Organspende aufmerksam machen

Unser Ziel war es, die Menschen mit unseren Geschichten zu erreichen und auf Mukoviszidose und Organspende aufmerksam zu machen. Liebe Leute, bitte haltet Eure Entscheidung zum Thema Organspende auf einem Ausweis fest. Die Entscheidung zählt!

Wir wären keine Sportler, wenn wir nicht schauen wollten, was selbst mit einer chronischen Erkrankung und Spenderlunge möglich ist.

Starkwindwarnungen am Sonntagmorgen. Das Rennen wurde etwa 1 Stunde vor Ende wegen eines schweren Unfalls abgebrochen. Wir fuhren dann noch gemeinsam über die Ziellinie. Nach einer reinen Fahrzeit von 21h:44min, 417,6 Kilometern und 8.960 Höhenmeter war für uns am Sonntag 10:45 Uhr Feierabend! Mount Everest-Niveau!

Ein tolles Ergebnis

In der Gesamtwertung landeten wir auf Platz 639 von 771 und konnten somit noch ein paar Teams hinter uns lassen, was für uns mit diesem Hintergrund ein voller Erfolg bedeutet. Am Ende waren wir alle erschöpft aber glücklich und stolz auf uns und das Geschaffte.

Wir bedanken uns bei Rad am Ring für die tolle Orga und allen Unterstützern! Es war für alle ein unvergessliches Abenteuer.“

Das Radrennen des Teams noch aus einer anderen Perspektive: Frank Findeiß, Noahs Vater, hat die vier Fahrer vor Ort begleitet, sie angefeuert und 24 Stunden mitgefiebert und berichtet hier aus Zuschauersicht über das Ereignis

Vier gegen den Wind – das Radteam „Just breathe“ und ihr Ritt durch die „grüne Hölle“

„Es hat fast etwas von Hollywood: Da tritt ein kleiner Trupp von Radsportlern an, um unter widrigsten Bedingungen durch immer neue Probleme und Challenges trotzdem ans Ziel zu kommen. So geschehen am 22. und 23. Juli beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring in der Eifel.

Die vier Fahrer im Team

Die Akteure, ein bunter Haufen aus ganz Deutschland: Initiator und Rennleiter Reiner Heske aus Wiehl/NRW, 53, CF-betroffen und lungentransplantiert, Extremsportler für Marathon und Radlangstrecke und als Sportbotschafter unterwegs für den Mukoviszidose e.V. Raphael Stiefvater aus Östringen in Baden-Württemberg, 34, ebenfalls CF-Patient (und werdender Vater!), der deutschlandweit an Triathlons teilnimmt. Thomas Rack, 60, lebertransplantiert, ist eigentlich als „Rennvater“ eingeplant, fällt aber kurzfristig wegen Krankheit aus. Für ihn übernimmt Raphaels Bruder Lucas, 31, der an sich vom Mountainbiken kommt und der nun mit einem gänzlich unvertrauten Wettbewerbsformat konfrontiert ist. Denn die 26 Kilometer über den Formel1-Parcours haben es in sich und flößen auch routinierten Radrennfahrern Respekt ein. Bis zu 17% Steigung, 560 Höhenmeter und 100km/h Speed in der „Fuchsröhre“ sind bei diesem Rennen eine wahre Herausforderung, der sich heuer knapp 6000 Fahrer und Fahrerinnen aus ganz Deutschland stellen. Viele von ihnen werden beim Streckenabschnitt „Hohe Acht“ an ihre Grenzen kommen – und einen guten Teil des finalen Anstiegs schieben.

Ein erfolgreicher Start für Noah

Das scheint für den Youngster im Team zunächst kein Problem zu sein. Der 18 Jahre junge Noah Glasstetter aus Würzburg zieht als Teamstarter in der ersten Runde am Feld vorbei und fährt erstaunliche 45 Minuten. Beachtlich, weil dies sein erstes Straßenrennen ist. Und noch beachtlicher, weil auch Noah Mukoviszidose hat. Stolz trägt er daher das Gruppentrikot, das er für das Team entworfen hat: Neben den Schutzengelflügeln des Mukoviszidose e.V. ist dort „Just breathe“ zu lesen. Ein Motto, das jeder im Team stolz auf der Brust trägt, um auf Organspende aufmerksam zu machen. Denn trotz medizinischer Fortschritte - gut sichtbar in den Leistungen von Raphael und Noah, die beide u.a. von Kaftrio profitieren - müssen viele Patienten und Patientinnen noch immer lange auf ihre Transplantation warten … manche zu lange. Grund dafür: es gibt nicht genügend Spenderorgane. Deutschland bildet hier leider noch immer das Schlusslicht in Europa. Um das zu ändern, hatte Reiner Heske die Idee entwickelt, um mit der Aktion Aufmerksamkeit genau dafür zu wecken: „Wir möchten die Menschen mit unserer Geschichte erreichen, um die wichtigen Themen Organspende/Organtransplantation und das Leben mit einer seltenen Erkrankung in die Öffentlichkeit zu bringen.“ Und Noah ergänzt: „Ich fahre das Rennen nicht nur wegen der Platzierung, sondern gerade für die, die selbst nicht Radfahren können.“

Kurz ausgebremst durch einen Sturz

Dennoch wird natürlich ordentlich in die Pedale getreten. Im steten Wechsel zieht das Team seine Runden in der „grünen Hölle“, wie der Nürburgring von den Formel1-Piloten genannt wird, übergibt immer wieder den „Staffelstab“, eine Radflasche mit Transponder. Nachdem auch Lucas, trotz Umstieg auf das Rennrad brilliert, und nachdem auch Reiner und Raphael super Zeiten fahren dann das nächste Handicap, ein Sturz direkt in Runde zwei. An einer Wasserstation wird Noah von einem anderen Fahrer touchiert und stürzt. Die Bilder seiner Helmkamera zeigen, wie das Streckenpersonal erschrocken aufspringt und auf ihn zu rennt. Ein Servicewagen ist sofort zur Stelle und bringt ihn und sein ramponiertes Rad zurück ins Fahrerlager. Diagnose: aufgeschürftes Knie, Oberschenkelprellung, zwei kaputte Speichen. Ein Schreckmoment auch für das Team: Muss „Just Breathe“ das Rennen schon gleich zu Beginn beenden? Zum Glück lassen sich Mensch und Maschine gut „verarzten“, die Verletzung am Knie ist nur oberflächlich, und das defekte Vorderrad wird von einem Aussteller schnell und unkompliziert ersetzt – das Team ist wieder im Rennen.

Herausforderungen vor der Fahrt über die Ziellinie

Richtig anstrengend wird es aber in der Nacht. In den Stunden zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang wird es still auf der Strecke. In den langgezogenen Kurven und Steigen, bei Abfahrten und an den Versorgungsstationen, überall zwischen Wald und Asphalt beleuchten winzige Lichtinseln den einsamen Kampf gegen Erschöpfung und Müdigkeit. Jeder und jede Einzelne kämpft hier auf jedem Kilometer, um dem inneren Schweinehund davonzufahren und die Runde zu beenden. Aber auch diese Klippe überwinden Reiner, Raphael, Lukas und Noah. Als die Sonne aufgeht, sind 12 Runden geschafft, die vier liegen in der Gesamtwertung im oberen Drittel, haben das Ziel ihrer Challenge fast vor Augen … bis plötzlich der Wind auffrischt und ein Sturmtief über die Höhenzüge der Eifel zieht. Böen mit Stärken von 60km/h fordern den Fahrern und Fahrerinnen alles ab, die nun bei den Abfahrten ihre Geschwindigkeiten reduzieren müssen, um nicht aus der Bahn zu fliegen. Dennoch passiert es: In der Nordkurve stürzt ein Fahrer schwer, das Rennen wird abgebrochen. Gottseidank kommt „Just Breathe“ noch gut über die letzte Runde, das Team fährt gemeinsam über die Ziellinie, stolz auf seine Leistung und zufrieden mit dem Ergebnis: 16 Runden durch die „grüne Hölle“, 9000 Höhenmeter, in einer tollen Zeit, als Botschafter für eine gute Sache – Sport und Mukoviszidose gehen gut zusammen, auch unter widrigen Umständen, vor allem in einem guten Team und einem starken Motto, das so nicht nur für Rennradler gilt: „Just breathe“.“

Das Rennen wurde vom Journalisten Josef Lindner vom Bayerischen Rundfunk per Video begleitet. (Video in der ARD-Mediathek abrufbar bis 23. Juli 2024, Beitrag zum Rennen ab Minute 7:55)

Zuletzt aktualisiert: 02.01.2024