Einzelansicht

Weltweite Wirksamkeitsdaten zu Kaftrio bei seltenen Mutationen

Die Dreifachtherapie kombiniert die Wirkstoffe Tezacaftor, Elexacaftor und Ivacaftor. Foto: Mukoviszidose e.V.
Elexacaftor/Tezacaftor/Ivacaftor (ETI, Kaftrio) ist in Europa für Menschen mit Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF) mit mindestens einer F508del-Mutation zugelassen. F508del ist die häufigste CF-verursachende Mutation, die bei ca. 85% der Menschen mit Mukoviszidose vorkommt. Für seltenere Mutationen gibt es bislang nur einzelne Berichte über die Wirkung von ETI. Solche Berichte haben Forscher aus Kanada nun systematisch zusammengetragen und ausgewertet. Für sogenannte Off-Label-Anträge (Härtefallanträge bei der Krankenkasse bei schlechtem Gesundheitszustand außerhalb der Zulassung) sind die hier vorliegenden Daten sehr wichtig, denn mit ihnen kann man belegen, dass ETI bei bestimmten Mutationen eine Wirkung haben könnte.
Die Dreifachtherapie kombiniert die Wirkstoffe Tezacaftor, Elexacaftor und Ivacaftor. Foto: Mukoviszidose e.V.

Wie sind die Forscher vorgegangen?

Die kanadischen Forscher durchsuchten medizinische Datenbanken nach wissenschaftlichen Artikeln zum Thema Mukoviszidose und ETI, dabei wurden 4.795 Studien gefunden. Nach Ausschluss von doppelten Berichten und Prüfung auf Relevanz (nur Wirksamkeitsdaten für Nicht-F508del-Mutation) wurden 20 der Artikel als geeignet eingestuft. Diese 20 schauten sich die Forscher näher an und analysierten die enthaltenen Daten.  

Was haben die Forscher herausgefunden?

An den 20 Studien nahmen insgesamt 164 Menschen mit Mukoviszidose teil. Bei 120 wurde eine positive Wirkung von ETI festgestellt. Wirksamkeit war definiert als eine Verbesserung der Lungenfunktion um mehr als 5% (ppFEV1) oder eine Verbesserung (Absenkung) des Schweißchloridwertes um mehr als 10mmol/l. Die 120 Teilnehmer hatten 51 verschiedene Mutationen. ETI kann also auch bei einigen Nicht-F508del-Mutationen wirken. 

Welche Mutationen wurden untersucht?

Insgesamt wurden 51 auf ETI ansprechende Mutationen gefunden. Am häufigsten kamen die Mutationen N1303K (48mal) und G85E (16mal) vor. Bei N1303K ergab die Therapie mit ETI eine durchschnittliche Verbesserung der Lungenfunktion um 16% und bei G85E eine Verbesserung um 13,5%, also ähnliche Werte wie in den Zulassungsstudien mit F508del. Es gibt auch Mutationen, die in den USA, nicht aber in Europa für die Verwendung von ETI zugelassen sind. Bei diesen Mutationen hatten 97% der Teilnehmer eine positive Wirkung. 

Bei Patienten mit sogenannten Stopp-Mutationen wirkte ETI hingegen meist nicht, außer die Stopp-Mutation lag in Kombination mit einer auf ETI ansprechenden Mutation vor. Das ist auch wissenschaftlich nachvollziehbar, weil ETI am CFTR-Protein wirkt und bei Stopp-Mutationen kein CFTR-Protein gebildet werden kann. In diesen Fällen, also ohne die Bildung von CFTR-Protein, kann ETI nicht wirken und es werden andere Behandlungsansätze benötigt (s. auch Link unter „Möchten Sie mehr erfahren?“). Für weitere Mutationen mit und ohne Wirkung von ETI siehe Tabelle unten.  

Warum sind diese Ergebnisse wichtig? 

Die Untersuchung der kanadischen Forscher ist die bisher größte Zusammenstellung von Wirksamkeitsdaten von ETI bei Nicht-F508del-Mutationen. Das hat eine große Bedeutung. Zwar kann nicht sicher davon ausgegangen werden, dass ETI bei jedem Menschen mit einer der 51 Mutationen wirkt. Allerdings geben die Daten gute Hinweise darauf, dass eine Wirkung bei diesen Mutationen möglich ist und sie helfen bei der Beurteilung, ob ein individueller Heilversuch ggf. Aussicht auf Erfolg hätte. ETI darf in Deutschland grundsätzlich nur verordnet werden, wenn eine F508del-Mutation vorliegt. In Ausnahmefällen, bei sehr schlechtem Gesundheitszustand, ist es aber möglich, einen Antrag bei der Krankenkasse zu stellen, um auch bei seltenen Mutationen ETI (off-label) erhalten zu können. 

Ausblick: Der europäischen Arzneimittelbehörde EMA liegt derzeit ein Antrag auf Erweiterung der Zulassung von Kaftrio auf weitere Mutationen vor. Ob die EMA diese Zulassung ausspricht und für welche Mutationen, ist allerdings noch unklar. 

Möchten Sie mehr erfahren? 

Englischsprachiger Originalartikel

Für Menschen mit Mukoviszidose und seltenen Mutationen, die nicht von Modulatoren profitieren können, gibt es Behandlungsansätze in der klinischen Entwicklung, z.B. genetische Therapien. Auf unserer Website finden Sie dazu einen aktuellen Überblick.

Genetische Therapie

Mutationen aus der Untersuchung

Mutationen mit Wirkung (ETI responsive):

A455E, A559T, A561E, D1152H, D1270N, D192G, E292K, G551D, G85E, H1085R, I1234V, I175V, I502T, I507del, I601F, L927P, M1101K, N1303K, P205S, P67L, Q359K_T360K, Q552P, R1066C, R334W, R347H, R347P, R74W, S364P, S492F, S549N, S549R, S945L, S977F, T1086I, V201M, V754M, W1063X, 1341G>A, 1525-1G>A, 1717-1G>A, 2347delG, 2789+5G>A, 2942 insT, 3041-15T>G, 3849+10kb C->T, 394delTT, 4096-3C>G, 4271delC, 4374+1G>A, 711+1G>T, c.2989-313A>T

Mutationen ohne Wirkung (ETI non-responsive):

CFTRdele2 (frameshift), E193X (nonsense), E585X (nonsense), E819X (nonsense), Exon 17B to 18 duplication (NA), G542X (nonsense), K464N (missense), K710X (nonsense), L1335P*# (missense), L558S (missense), M1T (missense), M1V (missense), Q493X (nonsense), R1158X (nonsense), R1162X (nonsense), R553X (nonsense), V456A* (missense), W1282X (nonsense), W846X (nonsense), Y1092X (nonsense), Y122X (nonsense), 1078delT (frameshift), 1677delTA (nonsense), 1811+1.6kb A>G (splicing), 1898+5 G>A (splicing), 2143delT (nonsense), 2183AA>G (frameshift), 2184delA (frameshift), 2622+1G>A (splicing), 2937_2942delinsTCAGA (NA), 297-2A ->G (splicing), 3120+1G>A (splicing), 3121-1G>A (splicing), 3129delAATT (NA), 3170delA (NA), 3396delC (frameshift), 357delC (frameshift), 3659delC (frameshift), 3791delC (frameshift), 405+1G->A (splicing), 4326delTC (frameshift), 4374+1G>T (splicing), 5T (splicing), 621+2T>G (splicing), c.3469-2880_3717+2150del (splicing)

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Dr. Jutta Bend (JBend(at)muko.info).

In diesem Beitrag werden Wirkungen bzw. Nebenwirkungen von Arzneimitteln besprochen. Diese Informationen werden durch das Mukoviszidose-Institut ohne den Einfluss Dritter nach bestem Wissen und Gewissen bereitgestellt. In keinem Fall ist damit eine Empfehlung für den Gebrauch oder Nichtgebrauch eines Arzneimittels verbunden. Patienten sollten vielmehr mit ihrem Arzt/ihrer Ärztin individuell die für sie in Frage kommenden Therapieoptionen besprechen.
 


Bitte unterstützen
Sie uns
30€ 80€ 120€
Jetzt spenden