Die wissenschaftliche Fachzeitschrift Nature berichtete am 8. Mai 2019 über eine 15-jährige Mukoviszidose Patientin aus Großbritannien. Deren Zustand hatte sich nach Transplantation schnell verschlechtert, eine lebensbedrohliche Infektion mit Mykobakterien breitete sich an verschiedenen Stellen im Körper der Patientin aus. Sämtliche Antibiotika-Therapien versagten, und mangels Behandlungsalternativen wagten die Ärzte auf Drängen der Eltern einen Heilungsversuch mit Bakteriophagen. Die Patientin erhielt einen speziell von Bakteriophagen-Experten für sie im Labor entwickelten „Phagen-Cocktail“ und überlebte.
Diese Anwendung einer Phagentherapie lässt aufhorchen. Sehr viele Medien berichten darüber, so dass an dieser Stelle auf verschiedene im Internet frei verfügbare Artikel verwiesen werden kann:
- Artikel im Spiegel
- Artikel im Tagesspiegel
- Artikel in Spektrum
- Artikel im Ärzteblatt (nach Registrierung kostenlos verfügbar)
- Originalartikel in Nature (nicht kostenlos verfügbar und in englischer Fachsprache)
Aktuelle Forschung zu Bakteriophagen in Deutschland
In Deutschland wird ebenfalls an Bakteriophagen geforscht. In einem vom BMBF mit knapp 4 Mio. Euro geförderten Projekt entwickeln Experten derzeit einen möglichen Ansatz zur Bekämpfung von Pseudomonas aeruginosa Infektionen. Dabei beinhaltet das Projekt auch die zentrale Frage der Zulassung, denn Bakteriophagen-Therapie bedeutet immer auch personalisierte Therapie, da der therapeutisch wirksame Bakteriophage für jeden Patienten individuell identifiziert und für einen therapeutischen Einsatz als Medikament vorbereitet werden muss. Manchmal, wie im Fall der englischen Patientin, muss der Bakteriophage vorher sogar noch gentechnisch verändert werden. Die Prüfung und Zulassung von Bakteriophagen als Medikament kann daher nicht nach den derzeit in Europa gültigen regulatorischen Prozessen ablaufen. Pionierarbeit muss demnach auch auf regulatorischer Ebene geleistet werden, um die Bakteriophagen-Therapie voranzubringen. Bislang gibt es keine zugelassene Bakteriophagen-Therapie und die Verantwortung, individuelle Heilungsversuche zu unternehmen, liegt bei Ärzten, Patienten und Angehörigen – eine nur schwer zumutbare Entscheidung – die sicherlich ganz anders von den Medien bewertet wird, wenn am Ende nicht von einem Erfolg berichtet werden kann.
Am Leibnitz Institut in Braunschweig gibt es eine Sammlung von verschiedenen Bakteriophagen. Und auch ein „1. Deutsches Phagensymposium“ hat 2017 in Deutschland stattgefunden. Ein weiteres ist für 2020 geplant.
Es tut sich daher erfreulicherweise etwas auf dem Gebiet der Bakteriophagen-Therapie – eine vor 100 Jahren entdeckte antibakterielle Therapie erfährt zu Zeiten der Antibiotikaresistenzen eine weltweite Renaissance.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Dr. Sylvia Hafkemeyer (SHafkemeyer(at)muko.info).
(14.05.2019)