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Mukoviszidose und die Folgen des Alterns: Diabetes, Krebs, Herzkreislauf-Erkrankungen

Gruppenfoto von Menschen vorm Eingang der Europäischen CF-Konferenz in Glasgow, darunter Stephan Kruip, Vorstandsvorsitzender des Mukoviszidose e.V.

Bei der 47. Europäischen CF-Konferenz waren auch einige Vertreter des Mukoviszidose e.V., darunter Stephan Kruip, Vorstandsvorsitzender des Vereins.

Ein großer Fokus der aktuellen Forschung liegt auf den Menschen mit CF, die dank der neuen Therapien ein höheres Alter erreichen werden oder schon erreicht haben und dann mit Komplikationen kämpfen, die bei CF früher kaum ein Thema waren, wie z.B. Herzkreislauf-Erkrankungen, Übergewicht oder Krebs. Dieser Bericht ist Teil unserer Serie über die Ergebnisse der europäischen Konferenz für Mukoviszidose 2024 in Glasgow.
Gruppenfoto von Menschen vorm Eingang der Europäischen CF-Konferenz in Glasgow, darunter Stephan Kruip, Vorstandsvorsitzender des Mukoviszidose e.V.

Bei der 47. Europäischen CF-Konferenz waren auch einige Vertreter des Mukoviszidose e.V., darunter Stephan Kruip, Vorstandsvorsitzender des Vereins.

Krebserkrankungen 

Der CFTR-Kanal hat eine regulierende Funktion auf die Krebsentstehung: Die Modulatortherapie hat darauf zwar einen positiven Effekt, da die Funktion des CFTR-Kanals verstärkt oder wiederhergestellt wird, aber nach aktuellem Wissen kann der Einfluss des defekten CFTR-Proteins nicht komplett aufgehoben werden. Auch andere Faktoren, die bei CF vorkommen, können die Krebsentstehung verstärken, wie die chronische Entzündung im Körper, das Ungleichgewicht im Mikrobiom des Darms, die fettreiche und ballaststoffarme Ernährung, aber auch die Refluxkrankheit, die langjährige Einnahme von Protonenpumpenhemmern sowie ein Diabetes und die durch Medikamente erhöhte UV-Sensibilität.

Vorsorgeuntersuchungen früher wahrnehmen

Aktuelle Studien zeigen bei CF vor allem eine erhöhte Häufigkeit von Krebserkrankungen des Magendarmtrakts (Dickdarmkrebs bis zu 7fach, Gallenblase und Pankreas mind. 3fach erhöht). Aber auch gynäkologische und neurologische Tumore, Hodenkrebs, Leukämien und Hauttumore kommen allein aufgrund des höheren Alters von Menschen mit CF inzwischen vor. Auch Menschen, die nur Träger einer CFTR-Variante und nicht an CF erkrankt sind, können ein höheres Krebsrisiko haben (laut einer Studie Dickdarmkrebs 1,8fach, Pankreas 2,2fach erhöht). Insbesondere bei Menschen nach einer Transplantation steigt aufgrund der immunsupprimierenden Medikamente das Krebsrisiko erheblich an (Dickdarmkrebs 27fach erhöht). Die Empfehlung für CF-Patienten lautet, spätestens ab einem Alter von 40 Jahren eine Dickdarm-Krebsvorsorge in Fünf-Jahres-Intervallen durchzuführen, bei Transplantierten sogar ab dem Alter von 30 Jahren. Die Referenten des Symposiums wiesen zudem darauf hin, dass sowohl von ärztlicher als auch von Patientenseite ein Bewusstsein dafür geschaffen werden sollte, Veränderungen des Gesundheitszustandes auch immer im Hinblick auf eine mögliche Krebsdiagnose zu untersuchen und Vorsorgeuntersuchungen bei Bedarf früher zu beginnen. 

Ebenso wichtig ist aber auch, dass die allgemeinen präventiven Maßnahmen zur Verhinderung von Krebs auch bei Menschen mit CF Beachtung finden (gesunder Lebensstil, Vermeidung von Rauchen und übermäßiger Sonneneinstrahlung etc.), die auch für die Allgemeinbevölkerung gelten. 

Ernährung und Krebsentstehung

Die Frage, wie man die Krebsentstehung verhindern oder herauszögern kann, und ob man die Entstehung vorhersagen kann, wird in aktuellen Studien untersucht (z.B. NICE-CF: Colon Cancer Screening for adults with Cystic Fibrosis). Auch die Frage, wie sich die Ernährung ändern muss, wenn eine Krebserkrankung bereits besteht, wurde von den Referenten erläutert. Gerade bei Tumoren im Magendarmtrakt verlieren die betroffenen Patienten meist erheblich an Gewicht, durch Appetitlosigkeit, Übelkeit und Schmerzen, aber auch durch Veränderungen des Geschmackssinns. Darauf muss die Ernährung abgestimmt sein und mit der CF-spezifischen Ernährungsweise kombiniert werden. 

Das abschließende Plenum endete aber mit einer positiven Botschaft: We can make a big difference! Denn die Entscheidung für einen gesunden Lebensstil und regelmäßige Vorsorge-Untersuchungen reduziert das Krebsrisiko in jedem Alter, bei Menschen mit CF genauso wie bei allen anderen. 

Tipps für einen gesunden Lebensstil zur Krebsvorbeugung (Krebsinformationsdienst)

Diabetes 

Der Diabetes bei Mukoviszidose (CFRD: Cystic Fibrosis Related Diabetes) unterscheidet sich hinsichtlich verschiedener Parameter von den beiden häufigeren Diabetes-Typen 1 und 2. Der Typ 1 Diabetes beginnt sehr plötzlich und beruht auf einer Autoimmunreaktion, was beim CFRD selten ist. Die Therapie erfolgt zwar bei Typ 1 wie beim CFRD mit Insulin, aber der CFRD hat mit dem Typ 2-Diabetes gemeinsam, dass eine Insulinresistenz vorliegen kann. Daher sollte nach neueren Erkenntnissen zukünftig auch bei der CFRD-Therapie vermehrt die Typ 2-Therapie in Betracht gezogen werden. Das bedeutet neben der klassischen Insulintherapie, auch neue Technologien und orale Wirkstoffe einzubeziehen, aber auch über Änderungen des Lifestyles nachzudenken. Durch körperliche Bewegung und gesunde Ernährung kann ein Typ 2-Diabetes aufgehalten und teilweise sogar rückgängig gemacht werden, ähnliches ist in Teilen auch beim CFRD zu vermuten. Die Veränderungen des Lifestyles beinhalten körperliche Bewegung und bei Übergewicht eine Gewichtsreduktion, die inzwischen auch bei CF relevant sein kann. Aber nicht nur die Optimierung des Körpergewichts an sich, sondern auch die Art der Ernährung muss an die individuelle Gesundheitssituation mit CFRD angepasst werden. 

Inwieweit die sog. makrovaskulären Komplikationen (Arteriosklerose) beim CF-Diabetes eine Rolle spielen, ist bisher noch nicht ganz klar, aber die mikrovaskulären Komplikationen sind bereits untersucht. Sie betreffen u.a. die Nieren, Augen und das Nervensystem. Darauf sollte konsequent gescreent werden bei Patienten mit CFRD, so das Fazit eines Referenten. 

Modulatortherapie und Diabetes

Die Therapie mit den neuen Modulatoren scheint einen Einfluss auf den Glukose-Stoffwechsel zu haben. Verschiedene Studien berichten hier unterschiedliche Ergebnisse, die in größeren Studien weiter untersucht werden müssen. Vor allem in den ersten Monaten nach Beginn einer Modulatortherapie zeigte sich bei manchen Patienten ein geringerer Insulinbedarf oder auch eine Reduktion des HbA1C-Wertes. Studien über mehrere Jahre haben eher keinen Unterschied dieser Parameter gesehen. Die Auswirkungen der Modulatortherapien auf den Glukose-Stoffwechsel müssen daher unbedingt noch weiter untersucht werden, um diese in die CFRD-Therapie spezifisch einbeziehen zu können.

Das Mukoviszidose Institut hat als Leitliniensekretariat die Erarbeitung einer AWMF-Leitlinie zum CF-spezifischen Diabetes angemeldet, die voraussichtlich 2025 zur Verfügung gestellt wird. 

Weitere Informationen zur AWMF-Leitlinie zum CF-spezifischen Diabetes

Herzkreislauf-Erkrankungen

Die Therapie mit Kaftrio (ETI) kann das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen erhöhen, z.B. durch einen Anstieg des Körpergewichts oder des Blutdrucks. Dazu kommen ernährungsbedingte Parameter wie die Erhöhung von Cholesterin und auch der Gesamt-Blutfette. Ein Referent betonte, wie wichtig es sei, die Menschen unter ETI-Therapie ganz individuell auf Risikofaktoren für Herzkreislauf-Erkrankungen zu untersuchen, da die Reaktion auf die ETI-Therapie sehr individuell verschieden sei. Dafür gibt es Risiko-Scores, wie z.B. den QRISK3, der auch Nierenerkrankungen berücksichtigt. Außerdem muss zukünftig auch der Lifestyle der CF-Patienten mehr auf die lange Lebensspanne und die alterstypischen Herzkreislauf-Erkrankungen ausgerichtet werden, allem voran auch hier eine gesunde Ernährung und körperliche Bewegung. 


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