Einzelansicht

ECFC 2022: CFTR-Modulatoren: bekannte und neue Ansätze

Nach zwei Jahren virtueller Treffen wurde die ECFC 2022 wieder in Präsenz abgehalten. Foto: Mukoviszidose e.V.

Nach zwei Jahren virtueller Treffen wurde die ECFC 2022 wieder in Präsenz abgehalten. Foto: Mukoviszidose e.V.

Nach zwei Jahren virtueller Treffen wurde die europäische CF-Konferenz ECFC wieder in Präsenz abgehalten. Etwa 1700 Teilnehmer aus aller Welt reisten nach Rotterdam in den Niederlanden und tauschten sich aus über neue Entwicklungen in der Forschung und Behandlung der Mukoviszidose. Modulatortherapien werden inzwischen bei vielen Betroffene erfolgreich eingesetzt und die Versorgung derjeniger, die bisher noch keine dieser Therapien erhalten können, wird weiterhin stark verfolgt. Aber auch an weiteren Entwicklungen zur Behandlung von F508del-Mutationen wird geforscht sowie zur langfristigen Modulatortherapie und deren Auswirkung auf alle Organsysteme.
Nach zwei Jahren virtueller Treffen wurde die ECFC 2022 wieder in Präsenz abgehalten. Foto: Mukoviszidose e.V.

Nach zwei Jahren virtueller Treffen wurde die ECFC 2022 wieder in Präsenz abgehalten. Foto: Mukoviszidose e.V.

Die Behandlung mit CFTR-Modulatoren wurde auch auf dieser Konferenz ausführlich diskutiert. Dabei lag aber auch ein großer Fokus auf den CF-Betroffenen, die aus unterschiedlichsten Gründen keine Modulatoren bekommen können. Um sobald wie möglich auch für diese Patienten eine effektive Therapie anbieten zu können, wird weiter an neuen CFTR-Modulatoren, aber auch an alternativen Therapien wie der Gentherapie geforscht. Nicht zuletzt werden auch Versorgungsprogramme wie z.B. die Hit-CF-Studie und andere Programme aufgesetzt, die die Verfügbarkeit von Modulatoren für immer mehr Menschen mit Mukoviszidose ermöglichen sollen.

Programm zur „Probe-Anwendung“ von Kaftrio (Compassionate use)

Kaftrio könnte auch bei Patienten wirken, die nicht die Mutationen haben, für die es in der EU zugelassen ist. In den USA und in Großbritannien gilt beispielsweise bereits eine erweiterte Zulassung mit 177 zusätzlichen Mutationen, die hierzulande nicht von der Zulassung abgedeckt sind. Und in Europa läuft die klinische Studie VX21–445-124, bei der die Wirkung von Kaftrio bei verschiedenen seltenen Mutationen untersucht wird. Frankreich ist nun noch einen Schritt weitergegangen: Es wurde ein Programm eingerichtet, bei dem alle CF-Betroffenen über zwölf Jahre mit schwerer Atemwegserkrankung, aber noch nicht transplantiert, Zugang zu Kaftrio erhalten können. Ein Expertengremium beurteilt nach vier bis sechs Wochen die Wirkung und bei Ansprechen wird Kaftrio durch die Krankenkassen auch weiter erstattet. In Frankreich betrifft dies voraussichtlich etwa 50 Patienten. Die Daten sollen genau erhoben und publiziert werden, sodass basierend auf diesen Daten dann möglicherweise auch hierzulande off-label Verordnungen bei schlechtem Gesundheitszustand möglich werden könnten. Bei wem Kaftrio wirkt, lässt sich im Moment noch nicht gut vorhersagen. Vielleicht kann in Zukunft auch das Organoidmodell, das im Hit-CF Projekt untersucht wird, bei dieser Beurteilung helfen.

Langfristige Therapie mit Modulatoren: Chancen und Risiken

Die Behandlung mit Modulatoren wird nun seit mehr als zehn Jahren beobachtet, nachdem mit Ivacaftor (Kalydeco) 2012 die erste Modulatortherapie zugelassen wurde. Bedenken, dass die Therapie über die Jahre an Wirksamkeit verlieren könnte oder Nebenwirkungen auftreten, die eine langfristige Therapie verhindern, konnten bisher noch nicht ganz ausgeräumt werden. Die am längsten beobachtete Therapie mit Ivacaftor beispielsweise verhinderte laut Daten aus Manchester, den Abfall der Lungenfunktion über fünf Jahre nicht. Die Lungenfunktion darf aber nicht der einzige Parameter sein, an dem die Wirksamkeit der Modulatortherapie gemessen wird, betonte Barry Plant aus Irland. Eine Stabilisierung des Körpergewichts und positive Effekte auf den Magendarmtrakt werden bei vielen Patienten beobachtet. Damit einher geht aber auch die Sorge, dass durch den Anstieg des Körpergewichts, der vor allem durch den Anstieg von Körperfett gekennzeichnet ist, Folgeerkrankungen wie zu hohe Cholesterinwerte, kardiovaskuläre Erkrankungen und Adipositas entstehen. Auch Krebserkrankungen könnten durch das steigende Lebensalter zukünftig noch häufiger bei CF-Betroffenen diagnostiziert werden.

Für Trikafta (Kaftrio in Europa) wurde eine Auswertung aus dem amerikanischen CF-Patienten-Register vorgestellt. In einer Zwischenanalyse des 5-jährigen Projektes war die Häufigkeit einer Lungentransplantation um 87% und die Sterblichkeit um 74% gesunken, wenn Trikafta eingenommen wurde. Verglichen wurde allerdings mit rückblickenden Kontrollen von 2019.

Definitionen von Symptomen und Grenzwerten werden teilweise neu gefunden werden müssen. Exazerbationen (Verschlechterungen) der Lungenerkrankung können beispielsweise nicht mehr einfach an Infektionen der Lunge diagnostiziert werden, wenn Patienten unter Modulatoren kein Sputum mehr produzieren, in dem die mikrobiologische Diagnostik greift. Wichtig ist aber auch, so Jane Davies aus London, dass man nicht vergisst, dass CF-Betroffene auch ohne deutlich hervortretende Symptome noch chronisch krank sind.

Auch zeigen sich bei manchen Patienten Nebenwirkungen der Modulatoren, die zu einem Abbruch der Therapie führen können. Insbesondere neurologische und psychologische Nebenwirkungen wie z. B. Angstzustände oder Brain Fog (beschreibt allgemein einen Zustand der Vergesslichkeit, mangelnder Konzentration, Gedächtnisprobleme) müssen noch weiter intensiv beobachtet und erforscht werden.

Der überwiegende Teil der mit Modulatoren behandelten Patienten berichtet von einer deutlichen Verbesserung ihres Lebensalltags. Zur Erfassung dieser Lebensqualität stehen validierte Fragebögen zur Verfügung, die aber bereits vor vielen Jahren entwickelt wurden und die heutige CF-Erkrankung nicht mehr so gut abbilden. Deshalb sind neue Tools zur Erfassung der Lebensqualität in der Entwicklung, z.B. der Pro-CF Fragenbogen (ein Gemeinschaftsprojekt von CFE und ECFS) oder die Q-Life App, die in Kürze auch im Hit-CF Projekt eingesetzt werden wird. Auch der in Deutschland durch Prof. Jochen Mainz entwickelte CFAbd Score (CF-Abdomen-Score) zeigt gute Ergebnisse und deckt mit diversen Bauchsymptomen einen weiteren Bereich der Krankheitslast bei CF ab. So wurden auf der Konferenz Ergebnisse präsentiert, die eine Reduktion von patientenberichteten Bauchsymptomen nach Beginn einer Modulatorentherapie zeigten. In den klinischen Modulatorenstudien hatten sich hingegen bislang hauptsächlich Verbesserungen bei der Lungenerkrankung gezeigt. Der CFAbd Score könnte also ein sehr hilfreiches neues Instrument zur Erfassung der so wichtigen Bauchsymptome sein.

Dosierung der Modulatoren neu entdecken

Untersuchungen der Konzentration der Modulatoren im Blut (Messung der Serumspiegel) von CF-Patienten zeigen, dass diese Level stark unterschiedlich sein können, was eine Anpassung der Dosis sinnvoll erscheinen lässt, um die Wirksamkeit, aber auch die Verträglichkeit zu optimieren.

So zeigte Dr. Susanne Nährig aus München Daten zu Serumspiegeln der Modulatorenwirkstoffe bei ihren Patienten. Deutlich über die Hälfte (57,8%) der Patienten lagen außerhalb der empfohlenen Spannbreite für Elexacaftor, einem der drei Wirkstoffe von Kaftrio. Der empfohlene Bereich leitet sich aus den klinischen Studien ab, die für die Zulassung von Kaftrio durchgeführt wurden. Die Daten zeigen, dass die Konzentrationen von Modulatoren im Blut individuell stark schwanken können. Das hängt wahrscheinlich auch mit dem Leberstoffwechsel und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zusammen.

Noch fehlen jedoch weitere und größer angelegte Studien, die die Wirksamkeit und Sicherheit alternativer Dosierungen untersuchen.

Noch viele offenen Fragen

Es gibt noch viele offene Fragen bei der Behandlung der Mukoviszidose mit CFTR-Modulatoren, auch wenn die Erfolge groß sind. Studien müssen zukünftig noch konkreter auf diese Fragestellungen ausgerichtet werden, nicht zuletzt auf eine individualisierte und damit auch Gender-angepasste Therapie.

Dr. Uta Düesberg (udueesberg(at)muko.info), Dr. Jutta Bend (jbend(at)muko.info) und Dr. Sylvia Hafkemeyer (shafkemeyer(at)muko.info) vom Mukoviszidose Institut haben an der ECFS-Konferenz 2022 teilgenommen und die Informationen an dieser Stelle für Sie zusammengefasst.


Bitte unterstützen
Sie uns
35€ 70€ 100€
Jetzt spenden